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Driss (Nikolaus Okonkwo, re.), Philippe (Michael Dangl).

Foto: APA/SEPP GALLAUER

Wien - Was das Filmbusiness als Hit verbucht, muss nicht zwangsläufig auch am Theater funktionieren. Im Fall von Ziemlich beste Freunde tut es das allerdings ganz leichthändig. In den Wiener Kammerspielen hatte Gunnar Dreßlers Bühnenfassung der französischen Filmkomödie von Olivier Nakache und Éric Toledano soeben ihre geglückte österreichische Erstaufführung. Das Stück basiert auf der realen Lebensgeschichte von Philippe Pozzo di Borgo, einem reichen Geschäftsmann, der seit einem Paragliding-Unfall 42-jähriger Tetraplegiker - sprich: vom Hals abwärts gelähmt - ist und durch seinen Pfleger, wie man so sagt: neuen Lebensmut schöpft.

Drückt der Film das wiedergewonnene abenteuerliche Lebensgefühl in schnellen Autofahrten und gemeinsamen Ausflügen aus, so bescheidet sich das Stück mit Freude in den Innenräumen der Villa - und mit einer Reduktion des Figurenpersonals auf drei Protagonisten: Philippe, seinen Pfleger, seine Assistentin. Ein runder Empfangssalon (Bühne: Erich Uiberlacker) mit einem von Fabergé-Eiern gesäumten Vestibül bildet den Rahmen für alle Schauplätze.

Hier zieht der Rollstuhl von Philippe (Michael Dangl) via Mundbedienung seine Kreise. Dangl vermittelt in seiner körperlichen Starre wechselnde Gemütszustände, ohne dabei die Mimik überzustrapazieren. Ihm gegenüber ist Pfleger Driss ein Ausbund körperlicher Vitalität. Nikolaus Okonkwo legt ihn dem Vorbild entsprechend herzhaft ruppig an. Die Dialoge schnurren ab, Pointen zünden auf die Sekunde genau. Körperbetont agiert auch Magalie (Silvia Meisterle), die ihre getreidehalmschlanke Assistentinnen-Schönheit im Gehwind durch den Salon wiegt.

In dieser aristokratischen Atmosphäre fällt dem Farbigen Driss aus den Pariser Vorstädten die Rolle des Uneleganten und Einfältigen zu. Das ist politisch unkorrekt und spannend zu sehen, wie weit es tragfähig bleibt. Die stereotypen Eigenschaften und Handlungsmuster werden in der Folge aber nur kosmetisch entgrenzt (Philippe raucht Gras, Driss trägt Anzug). Die subversiv gedachte Freundschaft belässt es letztlich bei den Verhältnissen. Das ist nicht das Problem des Theaterabends, sondern des Stoffes an sich. Viel Applaus.  (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 22./23.3.2014)