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Fabergé-Ei von 1887.

Foto: EPA/WARTSKI

Es klingt wie ein Märchen - oder wie eine Zeitungsente. Ein Schrotthändler aus dem Mittleren Westen der USA kaufte auf einem Antiquitätenmarkt für umgerechnet 10.000 Euro ein aufwändig verziertes Ei. Dieses Ding ließ sich öffnen - und im Inneren fand der Schrotthändler eine Uhr der Manufaktur Vacheron Constantin. Er recherchierte ein wenig im Netz, er kam aus dem Staunen nicht heraus, schließlich wandte er sich an eine Expertin beim Londoner Juwelierhaus Wartski. Sie bestätigte ihm, dass es sich um eine Arbeit aus der Werkstatt des russischen Juweliers Peter Carl Fabergé handle. Zudem sei dieses Ei nicht eines unter vielen, sondern ein ganz spezielles.

Peter Carl Fabergé, 1846 in St. Petersburg geboren, entstammte einer hugenottischstämmigen deutsch-baltischen Juwelierfamilie. Er wuchs in Dresden auf, 1872 übernahm er das Juweliergeschäft der Familie in St. Petersburg. Nebenbei setzte er mit seinem Bruder die Schmucksammlung der Eremitage instand. Diese Tätigkeit inspirierte die Fabergés, Geschmeide in altrussischem Stil nachzuempfinden. In ihrem Atelier entstand auch ein 6,4 Zentimeter hohes "Überraschungsei" nach alter Vorlage: Im Inneren der weiß emaillierten Schale befindet sich ein Dotter aus Gold. Und wenn man dieses öffnet, stößt man auf eine Henne mit Augen aus Rubinen.

Zar Alexander III. schenkte das Ei 1885 seiner Frau Maria Feodorowna zu Ostern. Das Präsent kam derart gut an, dass der Zar nun jedes Jahr ein neues Ei bei Fabergé in Auftrag gab. Nach dem Tod von Alexander III. im Jahr 1894 setzte dessen Sohn Nikolaus II. die Tradition fort. Bis 1916 entstanden 50 Fabergé-Eier für das Kaiserhaus. 1917 kam es zur Februarrevolution, Lenin ließ die Eier beschlagnahmen und verscherbelte die dekadenten Stücke ins Ausland. Dort rissen sich die Sammler um sie. Und von manchen verlor sich jede Spur.

Das 8,2 Zentimeter hohe Ei, das der Schrotthändler fand, ist vermutlich das dritte kaiserliche und stammt von 1887. Es galt seit 1922 als verschollen. Eine Fabergé-Expertin besichtigte den Fund am Küchentisch des Mannes und kaufte es für einen Sammler. Von der Echtheit wird man sich überzeugen können: Von 14. bis 17. April ist das Ei im Showroom von Wartski in London ausgestellt. Der Wert wurde auf 24 Millionen Euro geschätzt.

Vier der insgesamt 50 Eier sind übrigens gerade in Wien ausgestellt: Das KHM präsentiert bis 18. Mai Die Welt von Fabergé. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 22./23.3.2014)