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Emela Burdzovic, Chefin des Hostels Franz Ferdinand in Sarajevo, zeigt auf ein Porträt des Erzherzogs über dem Bett eines Doppelzimmers. Foto: Reuters / Dado Ruvic

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Sarajevo ist zwar kilometermäßig nicht so weit von Österreich entfernt, aber die Autobahn in Bosnien-Herzegowina ist kaum ausgebaut, und man muss ab Wien mit mindestens zehn Stunden Fahrt (über Slavonski Brod und Doboj) rechnen. Auch die Busfahrt mit Eurolines (in der Nacht ab Wien und retour, für 80 Euro) dauert und dauert, und man kommt ziemlich gerädert an. Am bequemsten ist der Flug mit Austrian ab Wien, der zweimal am Tag geht und bei Schönwetter nur 50 Minuten dauert. Gefährlich ist Nebel, da können die Flieger in Sarajevo oft nicht landen und nicht starten. Den Flug bekommt man aber schon ab 200 Euro hin und retour.

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Mit oder ohne Alkohol? Das ist für Touristen, die ein Hotel in Sarajevo suchen, eine wichtige Frage. Im Hotel Central oder im Hotel Bristol wird kein Alkohol serviert, man kann dort aber gut essen und es gibt Spa und Pool. Im Hotel Europa kriegt man im Wiener Caféhaus gute Torten. Das Hecco hat den Vorteil einer Dachterrasse mit Superausblick. Im Text erwähnt: Franz Ferdinand Hostel Sarajevo; Ecofutura. Die Stadt bietet rund um den Taubenmarkt zahlreiche Hostels und Motels, die sehr kostengünstig sind.

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Weil Sarajevo eine Stadt ist, die von Bergen umgeben ist und selbst auf die Berghänge hinaufwächst, sollte man unbedingt hinauffahren. Einen besonders schönen Blick hat man etwa von dem Gasthaus „Kod Bibana", das oberhalb der Straße liegt, die nach Pale führt. Zu empfehlen ist auch der Blick vom Avaz Twist Tower und aus dem Café „Torte i to", oben im Einkaufszentrum BBI. Zum Tanzen geht man am besten ins „Pussy Galore", eine Disco, die sich im Basarviertel Baščaršija befindet, lustig ist es auch im „Underground". Und dann kann man noch in der Bar „Zlatna Ribica" abhängen, wo man sogar am Klo fernsehen kann.

Als er den Teesalon 2010 eröffnete, hat er gar nicht an das Gedenkjahr 2014 gedacht, nicht an den Ersten Weltkrieg und daran, dass Touristen heuer deshalb sein Geschäft besuchen könnten. "Franz und Sophie" steht auf dem roten Schild in einer dieser Sarajevoer Straßen, die wie so viele den Berg hinaufgeht. Adnan Smajics Nachbar, der Schuster von gegenüber, hat ihm im Scherz angedroht, einen zweiten Teesalon zu eröffnen - namens "Gavrilo Princip". "Franz und Sophie" das hat gerade in Sarajevo irgendwie Schmäh.

Smajic selbst sieht die k. u. k. Zeit als eine "ziemlich positive Periode bosnischer Entwicklung", weil man damals vom Feudalismus Abschied nahm, andererseits war Bosnien-Herzegowina zu der Zeit auch eine Quasi-Kolonie von Österreich-Ungarn. "Und Tee hat etwas mit Kolonialismus zu tun", sagt er. In der Bücherecke stehen ein paar Biografien über Franz Ferdinand. Aber die liest keiner. In Smajics Universum geht es ohnehin um etwas anderes.

Bosnische Geruhsamkeit

Der Teesalon dient der Zelebrierung bosnischer Geruhsamkeit. Jeder Augenblick wird wahrgenommen, als wolle man sehr langsam ein Land erkunden. Jeden Augenblick schluckt man also wie Tee, der Geheimnisse auf der Zunge hinterlässt. Diese Form des Genusses ist das Gegenteil von Konsum. Denn jedes Denken an Geld oder jeder Vergleich mit anderen Menschen als Konkurrenten würde die Geruhsamkeit zerstören. Es geht darum, andere möglichst intensiv wahrzunehmen. Auch die Leute auf der Straße in Sarajevo halten ja die Blicke sehr lange aufeinander. "Sta ima? Gdje si?", "Was gibt's? Wo bist du?", fragen sie, wobei das "Gdje si" wie "dschesi" ausgesprochen wird und eigentlich gar nichts bedeutet.

Dabei ist es in Bosnien-Herzegowina nicht leicht, nicht ans Geld zu denken, weil viele Bosnier beißend arm sind und es fast unmöglich ist, dies auszublenden. Aber in so Räumen wie dem Teesalon gelingt das doch. Adnan Smajic kommt aus Bijeljina, jener Stadt, wo der Krieg 1992 begann. Er war damals Arzt im Krankenhaus, als einer der schlimmsten Massenmörder sich dort einquartierte, der Freischärler Arkan. Smajic flüchtete 1993 nach Deutschland, arbeitete als Nachtwächter und in der Pharmaindustrie. Zehn Jahre später kam er in seine Heimat zurück.

Manche haben es "bescheuert" gefunden, wie er sagt, in der Kaffee-Stadt Sarajevo 140 Teesorten anzubieten. Seine Händler trifft er in Bremen und Hamburg, wenn sie die Ware aus China oder Japan gebracht haben. 50 Prozent der Tees, die er verkauft, sind "bio". Dabei versucht er Mischungen zu machen, die bosnische Lebensart erschmecken lassen. "Bei mir ist der Schwarztee ein bisschen minziger als in Deutschland", erklärt er etwa. An der Wand stehen Dosen mit Teenamen wie "Afrikanische Schönheit" und "Franz und Sophie Preiselbeer Spezial".

Woher die Idee, Herr Sommelier? "In den 1990er-Jahren konnte man noch keinen gescheiten Kaffee trinken in Deutschland", sagt Smajic. "Also dachte ich erst, ich mache etwas Gescheites mit Koffein und hatte dann die Schnapsidee, in Sarajevo etwas mit Tee zu machen." Die Ausbildung zum Teesommelier machte er in der Nähe von Bonn.

Manchmal kommen auch Österreicher in seinen Salon, der in der Nähe der Kathedrale liegt. Einer flüsterte ihm einmal ins Ohr: "Bist du auch Monarchist?" Da musste der vertriebene Arzt aus Bijeljina lachen, weil der Österreicher offenbar den Sarajevoer Schmäh nicht verstanden hat.

Es gibt in der bosnischen Hauptstadt auch ein paar ganz junge Leute, die die Lehre über die bosnische Geruhsamkeit weiterentwickelt haben. Sie haben ihre Wohnungen verkauft und dafür ein Stück Land, oben auf der Alm, zwölf Kilometer außerhalb der Stadt, gekauft. Dort haben sie ein Öko-Restaurant eröffnet: Auf Strohballen liegen Glasscheiben, das sind die Tische - Transparenz und Energiesparen, also. Zum Essen gibt es nur Bio-Sachen, alles Vollkorn, kein Fleisch. Am besten sind die Sojaschnitzerln mit Kajmak, dem bosnischen Rahmkäse. Sogar die Ustipci, salzige bosnische Krapfen, sind aus Vollkorn.

Überhaupt schaut Ecofutura so aus, als hätten sich das ein paar Grüne aus Mitteleuropa ausgedacht. Und wahrscheinlich sind Milan Demin und seine Freunde auch die ersten bosnischen Grünen. "Es musste nahe bei der Stadt, aber in wilder Natur sein", erklärt der 32-Jährige die Vorgaben für das Projekt. 2011 wurde dann das Restaurant ganz aus Stroh gebaut. An manchen Stellen kann man das Stroh sogar aus Goldrahmen hervorstehen sehen. "Fenster der Wahrheit" nennt man das, erklärt Demin.

Die alternative Szene, vor allem junge Familien, versammeln sich am Wochenende hier in Ecofutura. Es gibt ein Spielzimmer. Ein Wochenende für zwei Personen kostet nur 25 Euro, um zu übernachten, unter der Woche zahlt jeder 20 Euro. Schweizer Gäste, die sich hier einmieteten (es gibt sehr liebevoll gemachte Gästehäuser), haben die Bosnier angesichts der Preise für verrückt erklärt.

Unterhalb von Ecofutura liegt ein Bauerndorf, Schafe drängeln die Wege hinauf, darüber liegen Birkenhaine und weite Almböden, über denen Raubvögel kreisen und nichts zu sehen ist außer wieder Wald und wieder Alm. Die Holzabfälle, mit denen geheizt wird, werden so verbrannt, dass bis zu 95 Prozent der Energie verwendet wird. Unterhalb des Restaurants gibt es auch einen "Adrenalinpark", in dem man sich in angegurteter Weise von Baum zu Baum schwingen kann.

Wer nicht aus dem Smog der Stadt flüchten will, kann auch im Herzen der Gedenkjahr-Metropole bleiben. Das Gedenkjahr-Hostel heißt "Franz Ferdinand" und liegt sehr zentral, rechts von der Fußgängermeile Ferhadija. Hier kann man schon um zehn Euro unter einem riesigen Abbild von Franz Ferdinand nächtigen, der einen auch beim Träumen anstarrt.

"Schämt euch, Okkupatoren!"

Die Hostel-Besitzer haben Drohungen über Facebook bekommen: "Gavrilo Princip wird wiederkommen und euch für immer in den Hintern treten!" oder: "Schämt euch, Okkupatoren!", lauteten diese in Anspielung auf die österreichischen Okkupatoren, erzählt Hostel-Chefin Emela Burdzovic. Burdzovic betont aber, dass dies die Ausnahme sei und viele serbische Gäste hierherkämen und das Hostel sehr mögen würden. Sie will ohnehin "keine Seite einnehmen", sondern offensichtlich ein Geschäft machen. Ihr ist es aber wichtig, dass das Mobiliar in beiden Teilen Bosnien-Herzegowinas hergestellt wird, einiges kommt auch aus der vorwiegend von Serben bewohnten Republika Srpska. Ein Freund aus New York hatte den Einfall, das Hostel "Franz Ferdinand" zu nennen, und das verkauft sich im Gedenkjahr. Burdzovic schätzt, dass rund 30 Prozent wegen des Namens kommen, viele aus Australien, Japan und den USA.

Das Hostel ähnelt einem Museum: An Fußböden und Wänden geben Zeittafeln Auskunft über die Ereignisse vor hundert Jahren. Sogar das Schicksal des Unglücksautos, in dem der Thronfolger starb, wird in extenso wiedergegeben. Im ersten Stock werden mittels Fotos und Zitaten Schlaglichter auf den Ersten Weltkrieg geworfen. Man kann in einem Zimmer, das dem deutschen General Albrecht Freiherr von Richthofen gewidmet ist, nächtigen. Ein Zimmer erinnert an die Front von Saloniki, eines an die Schlacht bei Verdun und eines an Gavrilo Princip. Es gehört zu den beliebtesten in dem Hostel, wo man in weißen Hochbetten, die an Schiffskajüten erinnern, schläft.

"Hat dieser Typ den Namen von der Band Franz Ferdinand bekommen?", wurde Burdzovic bereits einmal von einem Gast befragt, der auf das große Bild des Thronfolgers mit dem Schnurrbart an der Rezeption zeigte. Das Hostel wurde mithilfe der Beratung des Attentats-Museums konzipiert.

Dieses findet man neben der Lateinischen Brücke, die in jugoslawischer Zeit "Princip-Brücke" geheißen hat und wo Franz Ferdinand und Sophie erschossen wurden. Das kleine Museum hat nicht viel zu bieten. Eine Ausstellung, die die Geschehnisse mit Distanz und wissenschaftlicher Genauigkeit erläutert, fehlt in der bosnischen Hauptstadt.

Genau so etwas wünscht man sich in der Villa Austria in Ilidza, wo Franz Ferdinand und Sophie nächtigten, bevor sie ermordet wurden. Der Kurort am Rande von Sarajevo hat heute noch kakanische Züge, die Gäste sind aber meistens aus dem arabischen Raum. Die Villa Austria hieß während jugoslawischer Zeit übrigens "Vila Srbija". Während des Bosnienkriegs (1992-1995) waren dort UN-Truppen untergebracht, heute wartet man auf einen Investor.

In dem Zimmer mit Terrasse im ersten Stock, wo der Thronfolger seine letzte Nacht verbrachte, liegt heute Schutt und ein zerschlissener Teppich. Nichts erinnert an Franz Ferdinand und Sophie. Dass das historische Ereignis in Sarajevo nur wenig vermarktet wird, zeugt von der Unsicherheit, wie man mit dem heiklen Thema umgehen soll. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, Album, 22.3.2014)