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Auch österreichische Banken wie etwa Raiffeisen müssten sich vor "echten Sanktionen" gegen Moskau sorgen.

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Noch wird in den EU-Metropolen die Verhängung von "echten Wirtschaftssanktionen" in letzter Konsequenz des Drei-Stufen-Plans der Regierungschefs ins Reich der Fantasie verwiesen. Die EU-Spitzen dürften beim Krisentreffen in Brüssel der Kommission aber zumindest den Auftrag erteilen, ein Szenario für Maßnahmen zu entwerfen und entsprechende Zahlen zu liefern - Einfuhrbeschränkungen, Vertragskündigungen bis hin zum Einfrieren von russischen Bankvermögen nicht ausgeschlossen.

Experten von Regierungen und mehrere Thinktanks haben bereits erste Studien präsentiert, wie sich ein "Wirtschaftskrieg" zwischen der EU und Russland entwickeln könnte und welche Folgen dies für die einzelnen Länder und Wirtschaftszweige hätte. Man geht davon aus, dass die Regierung in Moskau jede EU-Maßnahme mit entsprechenden Schritten vergelten wird. "Wenn die Länder ihre Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen einstellen, verlieren beide Seiten", heißt es in einem Papier des Bruegel-Instituts, einer Denkfabrik der Union.

Unterschiedlich betroffen

Aufgrund der Ungleichgewichtigkeit von Exporten und Importen würde Russland stärker getroffen (es liefert vor allem Rohstoffe wie Öl und Gas in den Westen). Aber: Die einzelnen Staaten in der Union würden höchst unterschiedlich zu Schaden kommen, heißt es, je nachdem, ob sie sehr wenig oder sehr stark mit Russland verflochten sind beziehungsweise wie. Wie man den Schaden untereinander in der EU aufteilt, ist völlig offen.

Generell kann man sagen, dass die EU-Staaten im Osten - von Finnland bis Griechenland - am meisten betroffen wären, ausgenommen Rumänien. Bulgarien, Litauen oder Tschechien etwa beziehen fast 100 Prozent ihres Gases aus Russland, Spanien oder Portugal kaum. Deutschland, das wirtschaftlich mächtigste Land, könnte einen Gasstopp ganz gut abfedern. Auf dem Finanzsektor sieht es wiederum ganz anders aus. Da müssten ganz besonders Österreich (mit der Raiffeisen International, der UniCredit) und Frankreich (durch die Société Général) und die Niederlande mit negativen Konsequenzen rechnen.

Von den rund 156 Milliarden Dollar an Forderungen, die Banken aus der EU in Russland haben, entfällt ein Drittel auf französische Institute. Raiffeisen Int. und UniCredit gehören zu den Top 15 aus dem russischen Bankenmarkt. Bevor Wirtschaftssanktionen in Gang kämen, müssten die EU-Staaten also zuerst eine Ablaufstrategie festlegen. Russlands Präsident Wladimir Putin hat bereits angekündigt, dass er mit gezielter Vergeltung die EU-Staaten auseinanderdividieren werde. 

Kurzfristig dürfte Raiffeisen freilich von der Krim-Krise profitieren. Derzeit ziehen offenbar russische Firmenkunden ihr Geld aus dem Ausland ab. Die RBI verzeichne daher in Russland derzeit "starke Zuflüsse", erklärte eine Sprecherin am Mittwoch. Im Privatkundengeschäft verzeichne die Bank hingegen leichte Abflüsse, "weil Kunden ihren Bargeldbestand erhöhen und in Dollar umtauschen". (tom, DER STANDARD, 20.3.2014)