"All City" zu sein, also seinen Namenszug überall zu lesen, diesen Plan hat der im Moment inhaftierte mutmaßliche Sprayer "Puber" im vergangenen Jahr in Wien ziemlich konsequent verfolgt. Dabei hat er sich auch des Öfteren unbeliebt gemacht , weil er die Werke anderer Sprayer übermalt hat. Um das Künstlerische ist es ihm dabei nie gegangen, wie "Puber" in einem Interview mit dem Schweizer "Tagesanzeiger" im Jahr 2010 verriet. Einen ganz anderen Ansatz verfolgt der Wiener Straßenkünstler "Tabby". Er will, dass sich Fußgänger über ein neues Bild freuen, anstatt sich darüber zu ärgern.

"Tabby" arbeitet mit Spray Paint, einer Kunstform nur mit Sprühdosenfarbe. Er fertigt Stencils. Durch diese Schablonen werden die Motive an Wände oder andere Oberflächen gesprüht. Als Graffiti bezeichnet er seine Kunst nicht. Im Gegensatz zum freihändigen Graffiti benötigt seine Kunst vor der Sprayaktion die Anfertigung von Schablonen.

Foto: Tabby

Mit dem Sprayen angefangen hat "Tabby" vor etwa fünf Jahren. Seit drei Jahren ist er verstärkt draußen unterwegs. Wenn möglich wenige Leute unterwegs sind, zieht er los und sprayt im öffentlichen Raum. Obwohl er sehr präzise arbeiten muss, verzichtet "Tabby" auf Stirnlampe oder ähnliche Hilfsmittel. Einen unbeleuchteten Platz zu finden, sei aber ziemlich schwer.

Foto: Tabby

Zwar habe "Tabby" noch nie Probleme mit der Polizei gehabt, trotzdem achtet er darauf, nicht zuviel von sich preiszugeben. "Nicht einmal meine Familie weiß davon. Es sind nur ganz wenige Menschen eingeweiht." Die passen dann bei nächtlichen Aktionen auch einmal auf, dass der Sprayer nicht gestört wird. "Manchmal gehen zwar Leute vorbei, die halten einen aber nicht an."

Foto: Tabby

Als er Mitte vergangenen Jahres ein Stencil seiner Serie "Vienna Historical Facts" (hier im Bild) abfotografieren wollte, habe ihn eine Frau darauf angesprochen, ob er es denn gemacht hätte.

Foto: Tabby

Erfahrungsgemäß verschwinden seine Werke relativ rasch wieder aus dem Straßenbild.

Foto: Tabby

So wie diese Blume an einer Bushaltestelle in der Nähe des Flakturms im Wiener Augarten. "Das gehört einfach dazu", sagt "Tabby".

Foto: Tabby

Trotzdem ist "Tabby" bewusst, dass er seine Spuren unabhängig von gesetzlichen Regelungen hinterlässt. "Man hat mehr Möglichkeiten etwas zu machen, wenn man nicht um Erlaubnis fragt. Die Genehmigungen dafür würden einfach Wochen dauern, wenn man sie denn überhaupt bekommt."

Die meiste Zeit von seiner Arbeit nimmt die Vorbereitung in Anspruch: "Zunächst muss man eine Idee haben und sich überlegen, was man machen möchte." Um dafür einen geeigneten Ort zu finden, unternimmt "Tabby" große Spaziergänge durch Wien. "Das muss dann auch nicht unbedingt im Zentrum sein." Dabei ist ihm wichtig, Wände auszuwählen, bei denen sich idealerweise niemand ärgert, wenn sie angesprayt werden. "Ich frage mich auch immer, an welchen Orten meine Arbeit etwas Gutes bringen würde."

Foto: Tabby

Denkmalgeschützte Gebäude oder Kirchen sind für "Tabby" tabu. Auch die Werke anderer Künstler übermalt er nicht, das findet er "scheiße und egoistisch". Eine leere Wand zu finden, sei aber nicht immer so einfach. Zudem sollte diese im Idealfall für seine Technik möglichst flach sein.  

Ob und wie oft "Tabbys" Werke von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, weiß er nicht, Aufnahmen seiner Stencils seien aber Tausende Male im Internet geteilt worden. Dort werden in Bezug auf seine Arbeiten auch immer wieder Vergleiche zu Bansky, dem wohl weltweit bekanntesten Street Art- und Aktionskünstler gezogen. "Er hat halt einen großen Einfluss auf die Straßenkunst, darum ist das auch zu erwarten", sagt der Wiener Sprayer. Ihm fehle jedoch dessen reizender britischer Akzent, wie er auf seiner Website feststellt.

Foto: Tabby

Um trotzdem Feedback auf seine Arbeit zu bekommen, hat "Tabby" Helfer, die sich vor Ort bei Passanten erkundigen, ob ihnen das, was sie sehen, gefällt. Die Helfer kennt er zumeist nicht persönlich, sondern hält mit ihnen Kontakt via Internet.

Im Bild: Diese Venus-Statue mit einem so genannten "Tramp Stamp" (abwertende Bezeichnung für Tätowierung über dem Gesäß). "Tabby" hat sie an verschiedenen Orten in Wien aufgestellt.

Foto: Tabby

"Die Reaktionen der Leute auf meine Stencils sind hauptsächlich positiv", sagt "Tabby". Das sei auch die Hauptmotivation für seine Arbeit. Oft verzichtet er bei den Werken sogar auf seine Signatur. "Mir reicht, wenn den Leuten gefällt was ich mache."

Foto: Tabby

"Tabbys" Ziel ist es, den Alltag für die Menschen durch seine Werke interessanter zu machen. Auf seiner Website bietet er einige von ihnen zum Verkauf an. Bezahlt werden kann jedoch nur mit Bitcoins. "Nebenbei etwas zu verkaufen hilft zwar, ich gebe aber mehr Geld dafür aus, als ich einnehme", sagt er.

Foto: Tabby

Wenn es draußen wärmer wird, plant "Tabby" eine Schatzsuche. Bei dieser sollen verschiedene Punkte im Internet freigegeben werden, für den oder die Erste ist am Ziel ein Originalbild von ihm hinterlegt. Weiteres Ziel sind Aktionen in anderen Städten. (Elisabeth Mittendorfer, derStandard.at, 21.3.2014)

Im Bild: Ein von "Tabby" angebrachtes Schild an einem Wiener Drogenumschlagplatz.

Tabbys Website

Foto: Tabby