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Crowdfunding auch im Privatkreditbereich: Der Schwarm finanziert die Renovierung des Kellers, oder das neue Auto.

Foto: APA/Timo Jann

"Als Liebhaber klassischer Musik und Hobbymusiker ist mir beim Musikhören der Klang besonders wichtig. Deshalb möchte ich mir nun endlich eine hochwertige Anlage von Yamaha inkl. Boxen zulegen und in mein Wohnzimmer integrieren." Das ist Teil der Kreditanfrage #763058523.

Hinter Kredit #763058523 steckt ein 33-jähriger, lediger Angestellter in der Energiebranche, der 3.000 Euro braucht. Zur Bank geht er aber nicht, sondern er wird zu einem der ersten Projekte auf der Kreditplattform lendico.at. Die Website ist am Mittwoch online gegangen, und versteht sich durchaus als Kampfansage an die Banken. Das Prinzip dahinter: Geld anlegen in konkrete Projekte, mit einer gewissen Absicherung und Zinsen. Ähnlich wie bei der Bank, nur ohne Bank.

Um den finanzrechtlichen Erfordernissen zu entsprechen, gibt es eine Partnerbank, heißt es auf Nachfrage von derStandard.at. Im Falle von Lendico ist es die Münchner Wirecard. Auf lendico.at spielt sich nur die anonymisierte Vermittlung von Kreditnehmer und gewillten Anlegern ab: "Wir sind nur der Marktplatz."

Bonitätsprüfung

Das "Scoring", also die Überprüfung der Kreditnehmer und die damit verbundene Berechnung der Zinshöhe, nimmt der Marktplatz selbst in die Hand. "Wir lassen den Kreditnehmer nicht selbst über den Zinssatz entscheiden. Unser Algorithmus und die Experten im Team bestimmen die Konditionen entsprechend der finanziellen Situation", sagt Dominik Steinkühler, einer der vier Gründer von Lendico. Die Angaben potenzieller Kreditnehmer werden geprüft, Kontoauszüge oder Gehaltszettel angefordert und ausgewertet. Lendico sammelt das Geld, die Auszahlung an den Kreditnehmer erfolgt über Wirecard.

Auf der Anlegerseite funktioniert das ähnlich. Die monatlichen Rückzahlungsraten werden im Vertrag festgelegt und laufen über die Bank. Das Forderungsmanagement bleibt bei Lendico selbt. Säumigen Kreditnehmenr steigt die Plattform selbst auf die Füße. Auch deswegen, wie es aus dem Unternehmen heißt, weil es auch im Interesse von Lendico ist. Die Plattform verdient ihr Geld nämlich mit dem Einsammeln von Gebühren. Bei den Anlegern fließt von jeder monatlichen Rückzahlung ein Prozent an Lendico. Kreditnehmer werden einmal mit 0,5 bis 4,5 Prozent des Betrages bei der Auszahlung vergebührt.

Kritik von Konsumentenschützern

Vorsichtige Kritik gegenüber Crowdfunding-Plattformen generell kommt seitens der Arbeiterkammer (AK). Konsumentenschützer Christian Prantner fordert verbraucherorientierte Standards, die vorhandenen Regulatorien dürfen nicht zu einer Verschlechterung des vorhandenen Konsumentenschutzes führen. Letztlich handle es sich bei Krediten oder Investitionen über die Crowd um stark risikobehaftete Anlageformen, die zum Beispiel nicht unter die Einlagesicherung fallen. Schon vor einigen Monaten stellte die AK in einem Thesenpapier fest: "Crowdfunding klingt hip, braucht aber Regeln."

Für Österreich ist lendico.at die erste Plattform für Peer-to-Peer-Kredite, also Kredite von privat an privat. Der Versuch von bankless-life.at ist im Jahr 2009 an der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA gescheitert, die den Betrieb untersagt hat. Der dahinterstehende Verein Nick2Nick hatte keine Banklizenz und kooperierte auch mit keiner Bank. Durch die Vermittlung von Krediten war das Bankwesengesetz verletzt worden. Auch eine Gewerbeberechtigung zur Kreditvermittlung gab es nicht.

Die Finanzmarktaufsicht FMA kennt lendico.at jedenfalls noch nicht. Auf Nachfrage heißt es, grundsätzlich prüfe die FMA bei Crowdfunding-Plattformen, ob konzessionspflichtige Bankgeschäfte abgewickelt werden und ob die Konzession dafür vorhanden ist. (Update vom 16.6.2014: Die FMA hat mittlerweile bestätigt, dass Lendico die regulatorischen Anforderungen erfüllt.)

In Deutschland ist Lendico seit Dezember 2013 auf dem Markt. Über 9.000 Menschen tummeln sich dort auf der Seite, 90 Prozent davon als Kreditnehmer, zehn Prozent als Anleger. Mit einer Laufzeit von 24 bis 60 Monaten wollen die Kreditnehmer Umschuldungen finanzieren, Möbel kaufen oder die Kinder beim Studium unterstützen. Anleger können bis 1.000 Euro investieren. Wer mehr Geld anlegen möchte, braucht ein Konto bei der Partnerbank Wirecard, davor lässt sich das mit einem Konto bei einer beliebigen Bank bewerkstelligen. Per 28. Februar waren in Deutschland knapp über 50 Millionen Euro Volumen in Anfragen vorhanden, aus rund zehn Prozent davon wurden tatsächliche Anfragen, die mehrheitlich finanziert wurden, heißt es auf Nachfrage aus dem Unternehmen. Am Anfang habe es noch rund 14 Tage gedauert, bis so ein Angebot finanziert ist, mittlerweile gehe das schneller und dauere fünf bis sechs Tage. (roda, derStandard.at, 19.3.2014)