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Graz – Nicht selten vertilgt sie noch während des Liebesaktes ihren Partner – und während sie auf ihre Beute lauert, hält sie ihre "Arme" wie zum Gebet erhoben: die Gottesanbeterin (Mantis religiosa). In der Steiermark und selbst in der Grazer Innenstadt machen in diesen Tagen immer wieder Menschen mit diesem bizarren Tier Bekanntschaft, das vor allem in Südeuropa verbreitet ist. Reinhard Gepp vom Grazer Institut für Naturschutz führt das auf die für das wärmeliebende Insekt günstige Jahreswitterung zurück. Diese sorgt auch dafür, dass weitere "tierische Einwanderer" in die Steiermark kommen.

Ausweitung nach Norden

"War diese Art in den vergangenen Jahrzehnten nur von wenigen Fundorten in der Steiermark bekannt, so ist seit einigen Jahren eine Zunahme ihrer Häufigkeit und eine Ausweitung Richtung Norden hin zu verzeichnen", so Gepp. Bisher wurde die Fangheuschrecke nur an wenigen Standorten im Burgenland, Teilen Niederösterreichs und der Südsteiermark gefunden. Seit einigen Jahren gibt es auch einige Meldungen über ein Auftreten aus der Grazer Innenstadt. In der Stadt finden die Tiere "Wärmeinseln", wo sie in Vorgärten oder selbst auch Blumenkästen auf ihre "Opfer" (Insekten) lauern können.

130 Individuen bei Fernitz

Während die Mantis in der Stadt meist vereinzelt angetroffen wird, gebe es im Süden von Graz bereits beachtliche Populationen: "Wir haben heuer schon eine Meldung von 130 mittelgroßen Individuen in der Nähe von Fernitz erhalten", so Gepp. "Hier können wir sicherlich schon von einer autochthonen Population sprechen", so der Ökologe. "Wir bitten alle Finder von Gottesanbeterinnen, sich mit uns in Verbindung zu setzen – am Besten mit einem Foto des Tieres", so Gepp, der die Funddaten sammelt. Die Gottesanbeterin steht in der Steiermark unter Naturschutz.

Kriegsschauplatz als optimaler Lebensraum

Die Tiere scheinen sich in ihren angestammten Gebieten – speziell begünstigte Wärmestandorte – so gut zu vermehren, dass sie zunehmend neue für sich erobern. "Begünstigt wurde der Vormarsch der Gottesanbeterin wahrscheinlich auch durch den Jugoslawienkrieg", so Gepp. Die in Folge des Krieges oft verwilderten Äcker seien optimale Lebensräume für die Tiere gewesen, in denen sie sich sprunghaft vermehren konnten und von wo aus sie letztlich immer weiter in den Norden vorgerückt seien.

Neuzuwanderer Wespenspinne und Büffelzikade

Die Mantis ist allerdings nicht das einzige Insekt, dass in Österreich zunehmend heimisch wird. Zu den Neuzuwanderern zählt auch die auffällige Wespenspinne (Argiope bruennichi). Der Erstnachweis ihrer Überwinterung in der Steiermark der einer Wespe ähnelnden Spinne liegt nur ein Jahrzehnt zurück. Mittlerweile sieht man diese Art österreichweit in ihren radähnlichen Netzen sitzen. "Sie liebt trockene, heiße Standorte. Dieses Klima ist typisch für Städte, in denen es durchschnittlich um ein paar Grad wärmer ist als in unverbauten Gebieten", so Gepp.

Seit einem Jahrzehnt stoßen Zoologen immer wieder auch auf die Büffelzikade (Sticocephala bisonia). Sie ist ebenfalls aus Südosteuropa in die Steiermark eingewandert ist und lebt an der Kanadischen Goldrute, einem Korbblütlergebüsch. (APA)