Steyr - Im Landesgericht Steyr hat am Montag der Mordprozess gegen einen 26-Jährigen begonnen, der im Sommer vergangenen Jahres eine Bekannte im Schlaf erdrosselt und ihre Leiche unter dem Bett versteckt haben soll. Er will im Drogenrausch gehandelt haben. Ein Gutachten bescheinigt dem Angeklagten Zurechnungsfähigkeit, was der Verteidiger anfechten will. Das Urteil soll am Abend gesprochen werden.

Zahlreiche Angehörige und Bekannte des Opfers waren zu der Verhandlung erschienen, etliche mussten stehend den Prozess verfolgen. Als der Angeklagte - in Handschellen und das Gesicht hinter einem Ordner versteckt - in den Saal geführt wurde, brachen mehrere in Tränen aus.

Der Angeklagte soll am 26. Juni des Vorjahres in die Steyrer Wohnung des Opfers, zu der er einen Schlüssel hatte, gegangen sein. Dort sah er die junge Frau am Sofa schlafen, schilderte der Staatsanwalt den Tatablauf. Er habe am Balkon noch eine Zigarette geraucht, dann habe er eine Kordel aus einer Badetasche gelöst und die 24-Jährige erdrosselt.

Unter Crystal-Meth-Einfluss

Laut Anklage unternahm er anschließend alles, um die Tat zu verschleiern: Er soll die Leiche versteckt und mit einem Desinfektionsmittel übergossen haben, um seine DNA-Spuren zu verwischen. Mit dem Handy des Opfers habe er SMS an die Mutter der Toten geschickt, um den Anschein zu erwecken, die Tochter sei nur zu einer Freundin gefahren.

"Was kann eine solche Tat auslösen? Ich muss die Antwort schuldig bleiben", sagte der Staatsanwalt. Das Motiv sei unklar. Der Angeklagte hat die Tötung zwar gestanden, aber auch er und sein Pflichtverteidiger konnten keinen Grund liefern. Der 26-Jährige will zum Tatzeitpunkt allerdings im Crystal-Meth-Rausch gewesen.

Der Verteidiger verlangte ein neues Gutachten. Die von der Staatsanwaltschaft bestellte Psychiaterin Adelheid Kastner habe eine "ständige Geschäftsverbindung" zu Anklagebehörde und sei zudem keine ausgewiesene Drogenexpertin. Er beantragte ein weiteres, "unabhängiges" Gutachten. "Mein Mandant sagt, er hat gewusst, was er tut, aber er konnte es nicht steuern. Diese Problemlage finde ich aber im Gutachten nicht wieder", begründete er diesen Schritt. 

"Kurzschlussaktion"

Der Angeklagte schilderte gefasst den Tatablauf. Er erklärte die Tat mit dem Drogenrausch, in dem Denken und Handeln in getrennten Bahnen laufen. Sein Freund, der beim Verstecken der Leiche half, hatte bei der polizeilichen Einvernahme ein mögliches Motiv geliefert: Der Beschuldigte habe gesagt, er hätte gerne Sex mit einer Toten. Vor Gericht konnte der Zeuge sich aber nicht mehr erinnern.

Der - strafrechtlich bisher unbescholtene - Angeklagte schilderte seine Drogenkarriere, die bereits mit 13 Jahren begann. Zuletzt wollte er in Tschechien neu anfangen. Das Opfer sei eine Internetbekanntschaft eines Freundes gewesen und habe die beiden Männer öfter in dem Land besucht. Die hilfsbereite Frau habe ihn immer nach Steyr gefahren und bei sich wohnen lassen, wenn er in der Stadt etwas erledigen musste. Er könne sich die "Kurzschlussaktion" nur damit erklären, dass sein Unterbewusstsein ihr dafür die Schuld gegeben habe, dass er wieder Crystal Meth nahm.

Am Tattag sei er wie verabredet zu der 24-Jährigen in ihre Wohnung gekommen, sie habe auf der Couch geschlafen. Er sah fern und setzte sich zwei Crystal-Meth-Injektionen. Dann habe er die Kordel auf den Tisch gelegt, warum wisse er nicht. Später habe er sich hinter die Frau gekniet und ihr die Schnur um den Hals gelegt. Was er getan habe, sei ihm zu diesem Zeitpunkt nicht klar gewesen: "Es war einfach eine Handlung von mir." Der Richter wollte wissen, ob sich das Opfer gewehrt habe. "Es sind leichte Geräusche von ihr gekommen und leichte Abwehrbewegungen", antwortete der Angeklagte.

Bilder im Kopf

Dann rief er seinen Freund an. Zu diesem Zeitpunkt habe die Frau noch geröchelt. Er habe sie gewaschen und ausgezogen sowie Kleidung und Couch mit einem Desinfektionsmittel gereinigt - nicht um Spuren zu verwischen, sondern wegen des Geruchs, wie er behauptete. Er stülpte ihr einen Sack über den Kopf, damit sein Freund, der ihm später half, die Leiche verschwinden zu lassen, "nicht die selben Bilder im Kopf hat wie ich".

Dass ihn der Andere nun mit einer möglichen Leichenschändung in Verbindung bringe, könne er nicht nachvollzielen. Ein Kondom, dessen Verpackung am Wohnzimmertisch gefunden wurde, habe er benutzt, weil man unter Crystal Meth gelegentlich ejakuliere. Was er dann damit gemacht habe, wisse er nicht mehr.

Der Richter fragte den Mann auch nach der Bedeutung seiner Tätowierung - der Angeklagte trägt die Zahl 187 im Gesicht: "Das ist ein Polizeicode für Mord", erklärte der 26-Jährige. Er will das Motiv aber nicht deshalb ausgewählt haben, sondern weil er es aus Hip-Hop-Songs kenne.

Der 23-jährige Freund wurde in Abwesenheit des Angeklagten vernommen. Während der Zeuge bei der Polizei davon gesprochen hatte, der 26-Jährige habe "immer wieder" von der Vorstellung Sex mit einer Leiche zu haben, gesprochen - "das reizt ihn voll" -, konnte er sich vor Gericht nicht mehr so genau erinnern. "Es ist einmal vielleicht vorgekommen." Beim Verstecken der Leiche und der anschließenden Flucht nach Tschechien hätten sie nicht über die Tat und die Motive gesprochen, behauptete der Zeuge. (APA, 17.3.2014)