Linz - Bei der EU-Wahl im Mai hat die ÖVP nach Berechnungen des Linzer Market-Instituts die Chance, ihren ersten Platz zu halten. In der aktuellen Hochrechnung liegt die ÖVP mit 23 Prozent knapp vor der FPÖ (22 Prozent) und der SPÖ (21 Prozent).

Das würde für die beiden Koalitionsparteien weitere Verluste bedeuten, während die FPÖ stark zulegen könnte.

Zum Vergleich: 2009 hatte die Wahlbeteiligung leicht zugenommen - daher musste die ÖVP trotz leichter Stimmengewinne ein Minus von 2,7 Prozentpunkten auf 30 Prozent hinnehmen. Die SPÖ erwischte es schwerer, sie verlor mehr als 153.000 Stimmen und landete bei 23,7 Prozent. Die FPÖ hatte sich von ihrem das vergangene Jahrzehnt beherrschenden Tief noch nicht erholt, sie kam vor fünf Jahren auf 12,7 Prozent.

Völlig aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden ist Hans-Peter Martin, der bei der vergangenen Europawahl noch 17,7 Prozent erreichen konnte - jetzt aber von Market gemeinsam mit Ewald Stadlers Rekos als chancenlos eingestuft wird, da er nicht mehr mit der wohlwollenden Aufmerksamkeit der Krone rechnen kann. Seinem früheren Mitstreiter Martin Ehrenhauser (er wechselte auf den Spitzenplatz der linken Liste "Europa anders") räumen die Meinungsforscher ähnlich geringe Chancen ein wie dem Team Stronach oder dem BZÖ.

Nach den Market-Berechnungen für den STANDARD hätten nur fünf Parteien Mandatschancen, neben ÖVP, FPÖ, SPÖ noch die Grünen und die Neos. Studienleiter David Pfarrhofer: "Die Neos sind wie bei der Sonntagsfrage zur Nationalratswahl auf einem ähnlichen Niveau wie die Grünen. Allerdings vermuten wir, dass sie die Grünen nicht ganz erreichen können."

Karas der beste Kandidat

DER STANDARD ließ auch fragen, welche Partei wohl den "am meisten geeigneten" Spitzenkandidaten hätte. Da konnte die ÖVP mit 16 Prozent der Nennungen die Spitze erreichen - ein markanter Unterschied zu einer Vergleichsumfrage vom Jänner: Damals war Eugen Freund gerade neu als Spitzenkandidat der SPÖ genannt worden und hatte 22 Prozent erreicht. Freund erscheint inzwischen weitgehend entzaubert, nur zwölf Prozent trauen der SPÖ den bestgeeigneten Kandidaten zu, der FPÖ mit ihrer Doppelspitze Andreas Mölzer und Harald Vilimsky elf Prozent, Grünen (Ulrike Lunacek) und Neos (Angelika Mlinar) je sechs Prozent.

Dass ÖVP-Mann Othmar Karas als der beste Kandidat angesehen wird, muss aber auch im Langzeitvergleich gesehen werden: Im Mai 2009, vor der letztenEuropawahl, hatten 22 Prozent erklärt, dass die ÖVP den besten Kandidaten hätte. Der hieß damals Ernst Strasser.

Wahlbeteiligung entscheidet

Wie die Wahl ausgeht, wird in hohem Maß von der Beteiligung abhängen - das hat sich bereits vor fünf Jahren gezeigt, als 41.205 zusätzliche ÖVP-Stimmen bei insgesamt wachsender Wahlbeteiligung einen Verlust an Stimmenanteilen bedeutet haben.

"Die ÖVP kann wahrscheinlich immer noch am besten mobilisieren", sagt Market-Wahlforscher Pfarrhofer. "Ohne dass wir in der Fragestellung den Namen Karas genannt haben, wird dem ÖVP-Kandidaten von den Anhängern der eigenen Partei, aber auch von Neos-Sympathisanten hohe Kompetenz zugetraut. Fraglich ist, ob die Freiheitlichen ähnlich gut mobilisieren können - da ist das Wahlverhalten anders als bei Nationalratswahlen. EU-kritische Anhänger der FPÖ dazu zu bringen, ihre EU-Kritik durch eine FPÖ-Stimme bei der Europawahl auszudrücken, ist nicht so einfach. Auch bei der EU-Wahl 2009 hat die FPÖ weniger als halb so viele Wähler mobilisieren können wie bei der Nationalratswahl ein Dreivierteljahr davor."

Derzeit sagen 47 Prozent, dass sie ganz sicher zur Wahl gehen wollen - wie im Mai 2009. Damals lag dann die tatsächliche Wahlbeteiligung bei 46 Prozent. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 17.3.2014)