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Rettungskräfte auf der Suche nach dem Flugzeug im Indischen Ozean.

Foto: Reuters/Indonesia

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Pressekonferenz mit dem malayischen Ministerpräsidenten Najib Razak.

Foto: Reuters/sagolj

Kuala Lumpur - Das Verschwinden von Flug MH370 in Südostasien deutet laut Ermittlern eher auf Sabotage als einen Unfall hin. Die Maschine mit 239 Menschen an Bord sei von ihrem Kurs abweichend nach Nordwesten gesteuert worden, berichtete der malaysische Ministerpräsident Najib Razak am Samstag in Kuala Lumpur. Zuvor wurden demnach "mit hoher Wahrscheinlichkeit absichtlich" zwei Kommunikationssysteme abgestellt.

Nach dem letzten Radarkontakt kurz nach dem Start sei die Boeing 777-200 am Samstag vergangener Woche noch sieben Stunden weitergeflogen, sagte Najib auf einer Pressekonferenz. Die Ermittlungen konzentrierten sich nun wieder stärker auf die Passagiere und die Crew.

Alle Möglichkeiten

Chinas Staatsfernsehen hatte unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Quellen in Kuala Lumpur berichtet, dass die Ermittler von einem Kidnapping des Malaysia-Airlines-Fluges ausgingen. Najib bestätigte dies nicht. "Wir ermitteln noch alle Möglichkeiten."

Das Kommunikationssystem ACARS sei nach dem Start in Kuala Lumpur noch kurz vor der Ostküste Malaysias deaktiviert worden, sagte der Premier. Das zweite Gerät, der Transponder, sei wenig später ausgeschaltet worden. "Diese Schritte lassen auf eine absichtliche Handlung von jemandem an Bord schließen." ACARS ist ein digitales Datenfunksystem zur Übermittlung von Nachrichten zwischen Flugzeugen und Bodenstationen, der Transponder sendet automatisch Informationen zu Flugnummer, Flughöhe, Position und Geschwindigkeit, die etwa von Fluglotsen genutzt werden.

Das Abschalten der beiden voneinander unabhängigen Systeme erschwert die Verfolgung des Flugzeuges. "Über Radarstationen am Boden ist es noch zu orten, aber die Ortung ist nicht so genau", sagte Jörg Handwerg, Vorstandsmitglied bei der deutschen Pilotenvereinigung Cockpit. Das malaysische Militär habe Signale eines Flugzeugs auf seinem Weg nach Westen verfolgt, bei dem es sich nach heutiger Erkenntnis mit großer Wahrscheinlichkeit um die vermisste Boeing gehandelt habe, sagte Najib. Das letzte an einen Satelliten geschickte Signal stamme von 8.11 Uhr (Ortszeit) am 8. März. Gestartet war Flug MH370 um 0.41 Uhr, vom Radar verschwand er gegen 1.30 Uhr.

Unwahrscheinlicher Flug über Land

Die letzte Position des Flugzeugs könne nicht genau bestimmt werden, aus den vorliegenden Daten hätten die Experten aber zwei mögliche Flugkorridore ermittelt, so Najib weiter. Eine Route führe über das nördliche Thailand bis nach Kasachstan und Turkmenistan - weiter könne die Maschine mit dem Kerosin an Bord nicht gekommen sein. Die andere gehe in südlicher Richtung von Indonesien in den Indischen Ozean.

Experten halten einen Flug über Land für sehr unwahrscheinlich. "Über Land gibt es eigentlich überall Radarabdeckung", sagte Handwerg. Das Flugzeug hätte also sofort auffallen müssen. "Das Ganze ergibt bisher kein schlüssiges Bild, was hier passiert ist." Der chinesische Luftfahrtexperte Zhang Qihuai sagte, er gehe auch bei einer Entführung weiter davon aus, dass das Flugzeug abgestürzt sei. Das Militär vor Ort hätte über dem Festland jedes fliegende Objekt "zu 100 Prozent erfasst", sagte er.

Die Suchaktion im Südchinesischen Meer werde abgebrochen und auf die beiden neu ermittelten Korridore ausgerichtet, sagte Premier Najib. 14 Länder sind derzeit beteiligt, etwa 60 Flugzeuge und 40 Schiffe suchen nach der Boeing der Malaysia Airlines. Najib las nur eine Erklärung vor und beantwortete keine Fragen. Seine Pressekonferenz wurde live in ein Hotel in Peking übertragen, wo Familien von Passagieren seinen Ausführungen folgten. Einige reagierten geschockt, aber auch neue Hoffnungen keimten auf.

"Die Suche nach MH370 ist eindeutig in eine neue Phase eingetreten", sagte der Regierungschef. "Wir hoffen, dass uns diese neuen Informationen dem Auffinden des Flugzeugs einen Schritt näher bringen werden." Unter den 239 Menschen an Bord sind laut Passagierliste fünf Kinder zwischen zwei und vier Jahren. Mehr als 150 Passagiere stammen aus China, knapp 40 aus Malaysia. Auch einige Europäer und Amerikaner hatten für Flug MH370 eingecheckt.

Fünf Kinder an Bord

Polizisten haben inzwischen das Haus des Piloten durchsucht. "Die Beamten haben nach Material gesucht, das bei der Suche nach dem vermissten Flugzeug helfen könnte", sagte ein Polizist in Kuala Lumpur, wo das Haus des 53 Jahre alten malaysischen Piloten steht. Ob am Samstag etwas gefunden oder mitgenommen wurde, teilte er nicht mit.

Aus der Passagierliste geht hervor, dass sich fünf Kinder zwischen zwei und fünf Jahren im Flugzeug befanden. Von den 239 Personen an Bord kamen 153 aus China, 38 aus Malaysia, sieben aus Indonesien, sechs aus Australien, fünf aus Indien, vier aus Frankreich, drei aus den USA, jeweils zwei aus Kanada, Neuseeland und der Ukraine, jeweils einer aus Russland, Taiwan und den Niederlanden. Zwei iranische Passagiere reisten mit gestohlenen Pässen aus Österreich und Italien. Die zwölfköpfige Besatzung stammte ebenfalls aus Malaysia. (APA/red, derStandard.at, 15.3.2014)