In einem Rechtsstaat hat jeder Angeklagte das Recht, bis zur letzten Instanz für ein günstigeres Urteil zu kämpfen. Deshalb kann man Ernst Strasser nicht verübeln, dass er auch seinen zweiten Schuldspruch bis zum Obersten Gerichtshof hinauf bekämpfen will. Für Strasser gilt weiterhin die Unschuldsvermutung. Vielleicht findet er doch noch Richter, die ihm seine Agentenstory abnehmen.

Aber besonders auffallend ist der Kontrast zu Uli Hoeneß, der sich nach dem ersten Schock über das harte Gerichtsurteil dazu entschied, auf alle Rechtsmittel zu verzichten, den Schuldspruch anzuerkennen und reuig ins Gefängnis zu gehen. Juristisch wird ihm die Einsicht wenig bringen, aber auch im sportlichen Sinn gebührt ihm dafür Respekt. Und selbst dreieinhalb Jahre Haft gehen einmal vorbei - meist früher, als es das formale Urteil vorsieht. Seine Entscheidung wird es Hoeneß dann erlauben, das Gefängnis mit erhobenem Haupt zu verlassen und sich allmählich wieder ein Ansehen als Bürger, Unternehmer und vielleicht sogar als Sportfunktionär aufzubauen.

Bei Strasser ist das, wenn der OGH den Schuldspruch bestätigt, kaum vorstellbar. Das Strafmaß mag, wie einige Rechtsexperten behaupten, tatsächlich zu hoch sein. Aber der Reputationsschaden, den sich der frühere Minister durch seine skurrile Verteidigungsstrategie selbst zugefügt hat, droht selbst dann noch nachzuwirken, wenn die Erinnerung an seine Zeit hinter Gittern bereits verblasst. (Eric Frey, DER STANDARD, 15.3.2014)