Jörg Leichtfried ist Europaabgeordneter und SPÖ-Fraktionsführer. Seine Karriere begann in der Arbeiterkammer, sein "Revier" ist das obersteirische Industriegebiet. Dort wird er am 25. Mai bei den Wahlen zum EU-Parlament ein hartes Match mit der FPÖ haben.

Dazu hat Leichtfried bei einem Treffen mit österreichischen Journalisten in Brüssel*) einen Rat an Kanzler Werner Faymann und die Parteiführung: "Endlich die Auseinandersetzung mit den Anti-Europäern, vor allem der FPÖ, aufnehmen! Wenn die Ideen Straches umgesetzt würden, können wir zusperren, wenn wir aus dem Euro gehen, ist das der Ruin der Exportindustrie!" Leichtfried ist nicht Spitzenkandidat der SPÖ bei den Europawahlen, das wurde Eugen Freund. Auch der notiert Defizite: "Es herrscht EU-Müdigkeit bei den Wählern, Desinteresse. Die Leute wissen nicht, was die EU macht."

Nun, konkret hat die EU (das Parlament) jetzt gerade beschlossen, bei Handy-Ladegeräten eine Vereinheitlichung vorzuschreiben, um den E-Schrott zu bremsen. Kurz vorher hat das Europäische Parlament einen Vorschlag der EU-Kommission, sogenannte Gigaliner (Riesen-Lkws) grenzüberschreitend zuzulassen, abgeschmettert (Leichtfried war Chefverhandler).

EU-Außenwirkung ohne Innenwirkung

Auf einer anderen, weltpolitischen Ebene ist es die EU, die Wladimir Putins Versuch, die Sowjetunion wiederzuerrichten, mit einer Mischung aus Verhandlungsbereitschaft und Sanktionen begegnet. Obama hat die Führung in der Auseinandersetzung mit Putin praktisch an Merkel übergeben.

Die EU hat nach wie vor eine unglaubliche Außenwirkung, die im Inland kaum wahrgenommen wird. Die ukrainische Krise hat ja ihren Urgrund darin, dass eine Mehrheit der Ukrainer sich nicht durch das russenhörige Regime von Viktor Janukowitsch von der EU abschneiden lassen wollte; man hofft auf einen Aufschwung wie im benachbarten Polen.

Viele in Österreich wollen sich mit dem autoritären Putin arrangieren und fürchten in der Ukraine einen weiteren Armenhaus-Beitrittskandidaten. Wie steht es damit? Ein Beitritt der Ukraine steht nicht zur Diskussion, lediglich ein Assoziierungsabkommen. Aber wohin wird sich die EU insgesamt entwickeln? Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Gesamtfraktion im Europäischen Parlament, sieht einen "äußeren Ring" von Nicht-Ganz-Mitgliedern der EU, zu dem die Türkei und die Ukraine gehören könnten - und das EU-Mitglied Großbritannien ...

Die Wahl zum Europäischen Parlament wird möglicherweise auch über den nächsten Kommissionspräsidenten entscheiden. Wer vorne liegt, stellt den Kandidaten für die Präsidentschaft, das haben sich Sozialdemokraten und Konservative ausgemacht. Bisher entschied das der Rat der Staats- und Regierungschefs. Diesmal wird es nicht so leicht sein, den jeweiligen Kandidaten des Parlaments (Martin Schulz bei den Sozialdemokraten, Jean-Claude Juncker bei den Konservativen) zu übergehen. Beide sind Anhänger einer stärkeren Integration der Europäischen Union. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 15.3.2014)