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Die Biografie von Firtasch klingt nach PR-Berater-Sprech.

Foto: Reuters/Stringer

Wenig in der Biografie von Dmytro Firtasch wirkt so authentisch wie sein Hass auf Tomaten. Der ukrainische Oligarch, der in Wien verhaftet wurde und auf die Entscheidung über seine Auslieferung in die USA wartet, scheut die Öffentlichkeit. Was er über sich preisgibt, klingt nach PR-Berater-Sprech.

Glaubwürdig klingt zumindest die Geschichte mit den Tomaten. Geboren am 2. Mai 1965 als Sohn eines Fahrlehrers und einer Buchhalterin in der ostukrainischen Stadt Sinkiw, musste er als Kind etwas zum Familieneinkommen beisteuern. Um fünf Uhr früh habe er in den Gewächshäusern der Eltern stehen und bis Schulbeginn bei der Tomatenernte helfen müssen, erzählte Firtasch einmal. Am Abend dasselbe. "Und das Tag für Tag, bei jedem Wetter. Ich habe die Pflanze gehasst. Ich konnte Tomaten nicht mehr ansehen."

Muss er auch nicht. Firtasch hat inzwischen genug Geld, um die gesamte Tomatenernte Europas aufzukaufen und ins Schwarze Meer zu werfen.

Mit 17 geht er nach Donezk, um Ingenieurswesen zu studieren. Nach dem Zerfall der UdSSR gründet er 1991 in Moskau ein Unternehmen: Seine ersten 10.000 Dollar verdient er, indem er "Geschäftsleute" zusammenbringt, sagt er einmal nebulös. Zwei Jahre später organisiert Firtasch den Kauf von Gas in Turkmenistan und schließt mit der Regierung in Kiew Lieferverträge ab.

Aufbau eines Imperiums

Woher hatte der mittellose Sohn aus der Provinz sein Investmentkapital? Diese ungeklärte Frage hat Firtasch den Ruf eingebracht, im Naheverhältnis zur Moskauer Mafia zu stehen.

Mit den Gaseinnahmen konnte er sich ein Imperium aufbauen: Seine Group DF, die Wien als Drehscheibe nutzt, kontrolliert die Titan- und Düngemittelindustrie in der Ukraine, viele seiner Werke stehen auf der Krim. Firtasch kaufte Banken und TV-Sender, investierte in Fußballklubs und begann in der Politik mitzumischen.

Finanziell unterstützt hat er bis zuletzt Moskau-Freund Wiktor Janukowitsch. Zu den Intimfeinden des Industriellen, der verheiratet ist und drei Kinder hat, zählt Expremier Julia Timoschenko. Sie hat ihn in New York wegen Bestechlichkeit im Konnex mit den Gasdeals angezeigt. Zuerst erscheint alles, was sie anfasst, großartig, dann zerstört sie es, sagt er über seine Rivalin. Es sieht so aus, als würde der Satz auf Firtasch selbst auch zutreffen: Seine erste Frau verlangte bei der Scheidung 1,7 Milliarden Euro Abfindung, die österreichische Justiz will immerhin 125 Millionen für seine (vorläufige) Freiheit. (András Szigetvari, DER STANDARD, 15.3.2014)