Istanbul - Rund drei Monate nach Bekanntwerden des Korruptionsskandals um die Regierung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Staatsanwaltschaft eine erste Anklageschrift vorgelegt. Darin geht es um Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung des Istanbuler Stadtteils Fatih, wie türkische Online-Medien am Freitag meldeten.

Istanbuler Staatsanwälte hatten am 17. Dezember mehrere Dutzend Verdächtige unter Korruptionsvorwürfen festnehmen lassen. Bei den Ermittlungen im Stadtteil Fatih, der von Erdogans islamisch-konservativer AKP regiert wird, geht es unter anderem um Korruption bei Bauvorhaben.

Opposition will Sondersitzung

Unterdessen beantragte die Opposition in Ankara eine Sondersitzung des Parlaments, um über die Aufhebung der Immunität von vier früheren Ministern zu debattieren, die in den Skandal verwickelt sein sollen und daher von ihren Ämtern zurückgetreten waren. Die Opposition wirft der Regierung vor, eine Entscheidung über den Antrag der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Immunität wegen der anstehenden Kommunalwahlen am 30. März zu verschleppen.

Daher fordert die größte Oppositionspartei CHP für den 18. März eine Sondersitzung des Parlaments, das sich wegen des Wahlkampfs im Urlaub befindet. Dabei könnten die genauen Vorwürfe gegen die Ex-Minister veröffentlicht werden. Die Justiz hatte im Dezember die Söhne von drei der Minister festnehmen lassen. Sie sollen in ein Netzwerk des iranischstämmigen Geschäftsmanns Reza Zarrab verwickelt sein, der sich durch die Bestechung von Politikern Rückendeckung für illegale Goldgeschäfte mit dem Iran erkauft haben soll.

Zarrab und die drei Ministersöhne wurden inzwischen wieder auf freiem Fuß gesetzt. Wann die Anklage gegen diese Gruppe von Verdächtigen fertig sein wird, blieb bisher offen. Erdogan sieht die Vorwürfe als Verschwörung gegen seine Regierung der einflussreichen Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, der besonders in Justiz und Polizei über viele Anhänger verfügen soll. Der Ministerpräsident ließ daher tausende Polizisten sowie mehrere hundert Richter und Staatsanwälte auswechseln. Kritiker werfen ihm vor, damit die Ermittlungen stören zu wollen. (APA, 14.3.2014)