Washington - Washington prüft nach Angaben ranghoher Regierungsmitarbeiter den Antrag der ukrainischen Führung auf militärische Unterstützung inmitten der Krim-Krise. Wie ein Pentagon-Mitarbeiter der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag sagte, wird derzeit "eine Reihe von Anfragen durchgearbeitet und bewertet".
Eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen, sagten zwei weitere Regierungsmitarbeiter, die ebenfalls nicht namentlich genannt werden wollten. Allerdings werde dem Ersuchen auf Lieferung von Verpflegungspaketen, sogenannten "meals ready to eat" (MREs), stattgegeben.
Das "Wall Street Journal" hatte zuvor berichtet, die US-Regierung habe ein ukrainisches Gesuch, Militärhilfe wie Waffen und Munition zu senden, vorerst abgelehnt, um die Spannungen mit Russland nicht anzuheizen. Das Hilfsgesuch fällt mit dem Besuch des Chefs der ukrainischen Umsturzregierung, Arseni Jazenjuk, in den USA zusammen. Er sprach dort am Donnerstag auf einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats.
NATO und USA entsenden Flugzeuge
Angesichts der Ukraine-Krise verstärken NATO und USA ihre militärische Präsenz an den Ostgrenzen der Militärallianz. Die NATO kündigte am Montag an, AWACS-Aufklärungsflugzeuge nach Polen und Rumänien zu entsenden. Die USA beschlossen die Verlegung von zwölf F-16-Kampfjets nach Polen. Die AWACS-Maschinen starten demnach vom deutschen Geilenkirchen und vom britischen Waddington aus.
Die Flugzeuge können mit ihrem starken Radar aus einer Höhe von 30.000 Fuß einen Umkreis von bis zu 400 Kilometer überwachen. Im Gegensatz zu den Tornado-Aufklärungsflugzeugen können AWACS-Flugzeuge auch digitale Bilder in Echtzeit übertragen.
Für eine Militärübung wurden zudem 300 US-Soldaten nach Polen geschickt. In der vergangenen Woche hatten die USA bereits sechs zusätzliche F-15-Kampfjets ins benachbarte Litauen verlegt. Die beiden NATO-Staaten Polen und Rumänien grenzen ebenso wie die NATO-Mitglieder Ungarn und die Slowakei an die Ukraine. Besonders Polen und die baltischen Staaten hatten sich besorgt geäußert, nachdem Russland seine militärische Präsenz auf der mehrheitlich von ethnischen Russen bewohnten Halbinsel Krim verstärkt hatte.
Kerry trifft sich mit Lawrow
Zwei Tage vor dem umstrittenen Krim-Referendum über den Anschluss an Russland bemüht sich US-Außenminister John Kerry weiter, die explosive Lage zu entschärfen. Bereits zum dritten Mal innerhalb von zehn Tagen sollte er am Freitag mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zusammenkommen, um über die Krise zu sprechen. Ihre Gespräche in Rom und Paris waren nahezu ergebnislos verlaufen, auf eine gemeinsame Linie einigten sich die beiden nicht.
In einem kurzen Telefonat hatte Kerry Lawrow gewarnt, dass eine weitere Eskalation einen "Preis" haben werde. Zugleich stellte er bei einer Anhörung im Kongress klar, dass die USA eine diplomatische Lösung des Konflikts vorziehen würden. "Glauben wir, dass die Krim einen Atomkrieg wert ist?", reagierte er auf eine Frage im Außenausschuss des Repräsentantenhauses. Sowohl die USA als auch die US-Bürger hätten auf diese Frage eine klare Antwort.
Vor dem Londoner Treffen verlautete aus dem Weißen Haus, mit welcher Strategie die USA auf Russland zugehen. Kerry habe Lawrow ein Angebot gemacht, sagte Regierungssprecher Jay Carney. Dieses biete Russland die Möglichkeit, den Konflikt beizulegen. Demnach solle die internationale Gemeinschaft anerkennen, dass Russland "legitime" Interessen und eine Marinebasis in der Ukraine hat. Die Welt solle auch anerkennen, dass beide Länder wegen der in der Ukraine lebenden ethnischen Russen tiefe kulturelle und historische Bindungen haben.
Überwachungsmission angedacht
Eine "robuste" Überwachungsmission soll zudem sicherstellen, dass sowohl ukrainische als auch russische Interessen geachtet werden, sagte Carney. Mit diesem Schritt reagieren die USA auf Russlands Vorwurf, dass die ethnischen Russen in der Ukraine unfair behandelt würden.
Zudem wollen die USA die ukrainische Abhängigkeit von russischem Gas etwas eindämmen. Der US-Gasexport nach Europa wäre ein "Hammer über Russland" und ein "starkes Signal", sagte der Abgeordnete Edward Royce. Die Energiebehörde habe bereits sechs Lizenzen für den Export von täglich insgesamt 240 Millionen Kubikmeter erteilt, sagte Kerry. Der Gasexport im großen Umfang werde allerdings erst im Jahr 2015 anlaufen. Langfristig sei man jedenfalls darauf vorbereitet, die ukrainische Abhängigkeit im Energiesektor zu kippen.
IWF verlängert Mission
Der Internationale Währungsfonds (IWF), der die finanziell schwer angeschlagenen Ukraine stabilisieren will, kündigte unterdessen eine Verlängerung seiner Mission an. Die Experten sollen noch bis 21. März in Kiew bleiben, teilte IWF-Chefin Christine Lagarde am Donnerstag mit. Das Land will seinen finanziellen Kollaps mit Kredithilfen der internationalen Geldgeber abwenden. (APA, 14.3.2014)