Wien - Ist doch eine schöne Geschichte: Man legt sich zur Nachtruhe als junger Saxofonlöwe, der die Tradition recht musterschülerhaft beherrscht. Und man wacht dann quasi als Teil einer mittleren Generation von Instrumentalisten auf, die das jazzige Erbe profund weitertragen, das die Alten hinterlassen haben. Im Wiener Konzerthaus hört man allerdings bei Joshua Redman (Jahrgang 1969) in jedem Augenblick, warum er berechtigt einer der Respektierten seines Faches ist.

Mit zumeist samtig-dezentem Ton improvisiert er samt edlem Quartett über bekannte Jazzhadern. Er ist dabei jener flexible Instrumentalist, der lyrisch tönen kann. Er ist jederzeit aber auch bereit, in kontrollierte Emphase zu verfallen: An einer Stelle bricht er zusammen mit dem Quartett und dem diesem beistehenden Wiener Kammerorchester in gänzlich freie Spielsphären auf und zeigt, dass ihm die Erkenntnisse der wilden 1960er-Jahre nicht völlig einerlei sind.

Die Anwesenheit des Wiener Kammerorchesters verweist allerdings auf ein spezielles Charakteristikum eines Abends, den die Arrangements prägten. Redman und seine Jazzer genießen die sentimentale Streicherumgebung reichlich, hüllen sich in einen orchestralen Mantel der sehr kuscheligen Art und wirken so bisweilen ein wenig zu nahe an gefälliger Salonmusik.

Interessanter wirkte diese Kombination aus Saxofon und Streicherensemble beim Stück des jungen Südtiroler Komponisten Gerd Hermann Ortler: Hier tritt das Orchester aus seiner Rolle als atmosphärischer Concierge heraus, entfaltet instrumentales Eigenleben. Und: Es gibt so ein wenig den Blick auf jene Möglichkeiten frei, die eine solche Musikerkonstellation bieten kann. Redman mit Quartett allein - das wäre indes sicher auch ein abendfüllendes Vergnügen gewesen. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 14.3.2014)