Hände hoch, ich habe hier das Kommando: Liam Neeson muss im US-Thriller "Non-Stop" praktisch jeden Passagier zu den Verdächtigen zählen. 

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Wien - Je enger der Raum und je weniger Möglichkeiten, diesen wieder lebendig zu verlassen, desto höher der Druck und die Anspannung. An diese eiserne Regel des Thrillerfachs hielten sich schon Experten wie Alfred Hitchcock gerne, und sie erweist sich insbesondere in Filmen, die in mobilen Transportmitteln spielen, als kaum widerlegbar. Das Flugzeug ist die Königsklasse darunter: Man nehme eine vollbesetzte Passagiermaschine und füge, je nach Geschmack, alkoholkranke Piloten, Hochsicherheitsgefangene oder giftige Schlangen hinzu.

In Non-Stop, einem US-Flugzeug-Thriller, der sich an der schlanken Dramaturgie des B-Movies orientiert, manifestiert sich das unbekannte Element X in Form eines Rätsels. Der U.S. Marshal an Bord empfängt auf seinem gesicherten Mobiltelefon eine SMS von einem anonymen Passagier, der von ihm die Überweisung von 150 Millionen Dollar fordert. Er habe dafür nur zwanzig Minuten Zeit, ansonsten würde ein Mensch in der Maschine sterben.

Spätestens ab diesem früh eintretenden Moment sollte man als Zuschauer aufhören, sich Fragen über die Plausibilität des zeitlichen Ablaufs in Jaume Collet-Serras Film zu stellen. Das Konzept des Mystery-Thrillers verlangt es in diesem Fall, das Szenario besonders verrätselt anzulegen. Non-Stop will eben (auch) eine Denksportaufgabe sein. Alle geistigen Energien sollen auf die Auflösung und nicht auf die Hinterfragung der bedauernswerten Situation von Bill Marks gerichtet sein.

Dieser wird vom irischen Schauspieler Liam Neeson wiederum als ein Mann verkörpert, der mit einigem mentalen Übergepäck seiner Aufgabe nachkommt. Schon am Flughafen wirkt der Polizist fahrig, beim Start der Maschine klammert er sich am Sitz fest, schließlich verschwindet er bei erster Gelegenheit auf die Toilette, um zu rauchen. Keine Sorge, er weiß, wie man das macht.

Wie schon Robert Schwentkes Flugzeug-Drama Flightplan, in dem Jodie Foster als tatkräftige Mutter zu sehen war, ist auch Non-Stop ein Kammerspiel up in the air, welches vor allem durch seinen Bezug auf 9/11 verständlich wird. Das Flugzeug ist der Panikraum der westlichen Welt, in dem ansonsten wenig beunruhigende Physiognomien zu Masken des Terrors werden. Der muslimische Mann mit dem Koffer, der Glatzkopf mit dem stieren Blick oder doch der nervöse Nerd mit Hornbrille?

Collet-Serras engmaschige Dramaturgie beweist Ironie darin, kulturellen Vorurteilen zuwiderzulaufen. Gleichzeitig liegt ein wesentlicher Moment der Spannung darin, wie lange sich die Passagiere von einem einzelnen Polizisten drangsalieren lassen, der eilig Bürgerrechte einschränkt.

Das Casting ist tatsächlich eine der Stärken des in US-Kinos erfolgreich gestarteten Films. Julianne Moore geht als Passagierin des Vertrauens mit der Situation erstaunlich gelassen um, während Michelle Dockery gemeinsam mit der gerade oscarprämierten Lupita Nyong'o als Stewardess die Ruhe zu bewahren versucht. Und Liam Neeson macht seine Sache als labiler Marshal, der bald selbst als Täter verdächtigt wird und seine Ehre zu retten versucht, schon deshalb gut, weil die minimale Verlagerung eines Gesichtsmuskels bei ihm bereits Bände spricht. Das richtige Timing für einen Film, in dem zwischen den Countdowns keine Zeit für Longdrinks bleibt. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 14.3.2014)