Im Ringen um die von Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) kurzerhand gestoppte Teilnahme Österreichs an der Pisa-Studie kam Mittwochabend ein Angebot von der Universität Salzburg, das diese Studie und die von Heinisch-Hosek ebenfalls gecancelte Mathematik-Studie TIMSS doch noch realisierbar machen könnte. Der Fachbereich Erziehungswissenschaft bietet dem Unterrichtsministerium und dem Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) in einer Email, die derStandard.at vorliegt, formell an, die Pisa-Studie und TIMSS an der Uni Salzburg durchzuführen. Dieses Angebot würde "es kurzfristig erlauben, die derzeitigen Probleme zu umgehen und die weitere Teilnahme Österreichs zu sichern", heißt es in dem Schreiben, das von der dreiköpfigen Fachbereichsleitung - Christine Schmid, Andreas Paschon und Günter Haider - unterzeichnet ist. 

Die drei Erziehungwissenschaftler schreiben "angesichts der schwierigen Lage des Bifie" an Heinisch-Hosek und das Bifie-Direktorium: "Die Universität Salzburg hat diese beiden Studien in den Jahren 1995 bis 2008 an seinem Zentrum für Vergleichende Bildungsforschung mehrmals selbst durchgeführt und ist vom großen Wert dieser Forschung für die Entwicklung des österreichischen Schulwesens überzeugt."

Uni Salzburg Pisa-erprobt

Pisa und TIMSS würden damit an den Ort zurückkehren, an dem sie ihren Ausgangspunkt genommen haben, denn von 1995 bis zur Gründung des Bifie 2008 wurden diese internationalen Schülervergleichsstudien in Österreich unter der Leitung von, wie er damals genannt wurde, "Mister Pisa Austria" Günter Haider an der Uni Salzburg organisiert und durchgeführt. Er war danach auch einer von zwei Gründungsdirektoren des Bifie, das nun durch ein angebliches Datenleck auf einem rumänischen Server in Turbulenzen geraten ist. Haider leitete bis Anfang 2013 den Bifie-Standort Salzburg, das Wiener Department wurde von Josef Lucyshyn geleitet, der im März 2012 von der damaligen Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) abberufen wurde. 

Die Salzburger Erziehungswissenschafter begründen ihre jetzige wissenschaftliche Nachbarschaftshilfe damit, dass "die kurzfristig entschiedene Nichtteilnahme an den heurigen TIMSS- und PISA-Vorstudien offenbar auf dem Problem beruht, dass diese relativ kleinen, organisatorisch bereits vorbereiteten und technisch unproblematischen Feldstudien aktuell wegen der Datensicherheitsdebatte vom BIFIE selbst nicht durchgeführt werden können".

"Ad-Hoc-Arbeitsgruppe"

Konkret sollte eine "Ad-Hoc-Arbeitsgruppe von Bildungsforschern des Fachbereichs" kurzfristig die Durchführung der beiden notwendigen Feldstudien 2014 zu TIMSS und Pisa durchführen -  "Selbstverständlich in Abstimmung und mit Unterstützung durch das zuständige BIFIE-Department in Salzburg", heißt es in dem Angebot. Als Leiter der Arbeitsgruppe wird Günter Haider vorgeschlagen, der mit den Studien ja vertraut ist. 

Ohne diese Feldtests könnte Österreich nicht an den eigentlichen Studien 2015 teilnehmen. Bei Pisa wäre das besonders verhängnisvoll, weil der nächste volle Testzyklus mit Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften erst wieder 2018 beginnen und damit eine wichtige "Brückenstudie" für den Vergleich mit bisherigen Ergebnissen fehlen würde. Außerdem ist die Pisa-Studie 2015 besonders relevant, weil die OECD einen Systemwechsel startet und auf elektronische Testung umstellen will.

Getrennte Vorgangsweise

Der dritte Punkt im Angebot der Salzburger lautet: "Der gesamte Vorgang der elektronischen Datengewinnung und Speicherung erfolgt vollständig (physisch) getrennt vom BIFIE auf einem eigenen Computersystem an der Universität, das weder mit dem Internet noch mit einem Netzwerk verbunden ist und für den wir als Fachbereich die Datensicherheit garantieren. Alle Personsbezüge werden gemäß DSG (Anm. Datenschutzgesetz) gelöscht und andere Daten nach OECD-üblichen Standards verschlüsselt." 

Damit wäre das Hauptargument Heinisch-Hoseks, die den Stopp nicht nur der Pisa-Studie, sondern auch der Mathematikstudie TIMSS sowie der heurigen Bildungsstandardtestungen mit mangelnder "Datensicherheit" am Bifie begründet, entkräftet, denn die Universität Salzburg sollte als anerkannte Forschungsuniversität auch für die Unterrichtsministerin kein Sicherheitsrisiko darstellen.

"Win-Win-Situation"

Mit diesem "Einspringen der Universität für das BIFIE" könnten die Feldtests heuer und die Hauptstudien im nächsten Jahr völlig planmäßig stattfinden, teilen die Forscher der Unterrichtsministerin in ihrem Brief mit. "Sobald am BIFIE in einiger Zeit wieder Datensicherheit herrscht, endet diese Unterstützung durch die Universität automatisch und die Arbeiten an den Studien können wieder problemlos vom BIFIE übernommen und weitergeführt werden."

Es sei eine "Win-Win-Situation", die man auf diesem Wege anbieten können, schreiben die Salzburger Wissenschaftler. Die erforderlichen Feldstudien könnten heuer planmäßig durchgeführt werden, die Datensicherheit werde an der Universität garantiert, die Hauptstudien 2015 wären gesichert und "der enorme finanzielle Investitionsverlust, der mit dem Ausstieg aus den Studien eintreten würde, könnte vollständig vermieden werden. Und der drohende internationale Imageschaden für Österreichs Bildungspolitik könnte abgewendet werden." (Lisa Nimmervoll, derStandard.at, 12.3.2014)