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Wie viel die Bank jetzt akut als Finanzspritze benötigt, ist noch nicht klar, die kolportierte Bandbreite reicht von 500 Millionen bis eine Milliarde Euro.

Foto: Reuters/Bader

Wien - Die Debatte um eine Insolvenz der Kärntner Hypo wird von einem neuen Gutachten im Auftrag von Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) neu angefacht. Die Beratungsgruppe ZEB kommt zu dem Ergebnis, dass eine Pleite der Bank auf Basis der Primäreffekte "aus Sicht des Steuerzahlers zu favorisieren ist". Mit Primäreffekten sind die direkten Budgetauswirkungen einer Insolvenz gemeint. ZEB argumentiert diese Schlussfolgerung mit der Einbeziehung der BayernLB, die noch rund 2,4 Milliarden Euro in der Hypo stecken hat sowie der Anleihengläubiger.

Das Insolvenzmodell überzeuge auch deshalb "eindeutig", weil die Schulden bei der von der Hypo-Taskforce unter Notenbankchef Ewald Nowotny vorgeschlagenen Abbaubank "deutlich stärker" steigen. Zudem bedürfe es bei dieser Option eines eigenen Sondergesetzes, heißt es in dem Papier, das dem STANDARD vorliegt.

Und wie sieht es nun mit der von der Notenbank dargelegten Gefahr für Finanzplatz und Volkswirtschaft aus? Diese "Sekundäreffekte" würden sich eher am Balkan abspielen, wo die Hypo über ein Bankennetzwerk verfügt, das bei Verwerfungen möglicherweise einem Kundenansturm ausgesetzt sein könnte. Dieses Risiko sei freilich eher ein politisches als ein wirtschaftliches, hält ZEB fest. Die von österreichischen Experten beschworene Rating-Verschlechterung und höhere Kosten bei der  Schuldenaufnahme wischt das Gutachten vom Tisch.  Die Wahl des Abwicklungsmodells habe keine Auswirkungen auf die Bonität von Bund und Ländern und schon gar nicht auf die Refinanzierungskosten, heißt es. Die Entscheidung, dass implizite Staatsgarantien künftig nicht mehr gelten, könnte sogar positiv gewertet werden. Auch negative Rückkoppelungen auf heimische Banken werden negiert.

Spindelegger hat das Gutachten an Werner Faymann übergeben und damit das Koalitionsklima nicht gerade verbessert. Man dürfe nicht mit der Insolvenz spielen, erklärte der Bundeskanzler. Spindelegger hält sich die Optionen offen, bestreitet aber, mit der Insolvenz zu spielen. Heute, Donnerstag, tagt die Taskforce.

Bund gibt Hypo Bestandsgarantie

Die Hypo Alpe Adria braucht aber nun auch wieder neues Staatsgeld, und das wird ihr von der Republik auch gewährt. Hatte Spindelegger noch vor kurzem die Insolvenzkeule geschwungen, wird nun neuerlich Geld in die Bank gepumpt. Die Beteiligung von Gläubigern, die nur im Fall einer Pleite realistisch wäre, rückt in immer weitere Ferne. Die Rede ist nämlich nun auch von einer Bestandsgarantie für die Hypo. Das ergibt sich aus dem am Mittwoch erfolgten Beschluss des Ministerrats.

Dem von Spindelegger eingebrachten Antrag ist zu entnehmen, dass die Wirtschaftsprüfer nur dann zu einem positiven Testat bereit seien, wenn das Institut "bis zum nächsten Bilanzerstellungszeitpunkt (31. 5. 2015) abgesichert ist". Doch die Bedingung geht noch weiter. Selbst zum Ende der Frist dürfen "keine deutlichen Anzeichen für eine jenseits des Zeitraums liegende Bestandsgefährdung bekannt" sein. Kurz gefasst: Dann müsste die Bilanzierung von der Annahme eines Fortbestands ("Going concern") in Richtung Zerschlagung umgestellt werden, wodurch die Wertansätze nicht zu halten wären. Die Hilfszusage für die Hypo freut die Anleiheninhaber, die in den letzten Wochen zusehends von der Insolvenzdebatte verschreckt Bonds verkauften.

Wie viel die Bank jetzt akut benötigt, ist noch nicht klar, die kolportierte Bandbreite reicht von 500 Millionen bis eine Milliarde Euro. Allerdings gibt es hier ein Limit: Der gesetzliche Rahmen für Bankhilfen liegt bei 15 Milliarden Euro, davon sind 14,4 Milliarden ausgeschöpft. Man müsste also vorläufig mit 600 Millionen Euro auskommen, zumindest bis das ohnehin geplante Hypo-Sondergesetz steht.

Nicht nur Eigenkapitalproblem

Entgegen bisherigen gegenteiligen Beteuerungen der Bank hat das Institut nicht nur ein Eigenkapitalproblem, ihr fehlt zudem Flüssiges. Das wird im Ministerratsvortrag so formuliert: Der Vorstand der Hypo habe der Finanzmarktaufsicht eine "wesentliche Verschärfung der Liquiditätssituation berichtet". Wie berichtet wird am 17. März eine Anleihe im Volumen von 750 Millionen Euro fällig, deren Rückzahlung der Finanzminister außer Streit gestellt hat. Bis Jahresende kommen dann noch einmal Tilgungen von 541 Millionen Euro hinzu.

Zur mangelnden Liquidität kommt die "drohende Verletzung der regulatorischen Mindestkapitalvorschriften", die die Bilanzerstellung gefährden. Eng damit verbunden sind neue alte Belastungen. Ein offener Punkt betrifft die Bewertung von Beteiligungen: Das gilt insbesondere für das Netzwerk in Südosteuropa (SEE), das immer noch mit etwas mehr als einer Milliarde in den Hypo-Büchern steht. Inwieweit die Banken einzeln oder in Bausch und Bogen um diesen Betrag verkäuflich sind, steht derzeit in den Sternen. Die Angebotsfrist für die Institute läuft noch bis Ende April.

Die nächste Problemzone betrifft die faulen Kredite von mehr als acht Milliarden Euro. Auch hier birgt Spindeleggers Vortrag Sprengkraft: Die Wertberichtigungen für uneinbringliche Darlehen sollen demnach nämlich auf ein Niveau angehoben werden, "das bei anderen Kreditinstituten, die in der SEE-Region tätig sind, beobachtbar ist". Einfacher ausgedrückt. Trotz der riskanten Kreditvergabe hat die Hypo bisher offenbar weniger rigid wertberichtigt als andere Banken. (Renate Graber, Andreas Schnauder, DER STANDARD, 13.3.2014)