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Einige frühere Studien lieferten vage Hinweise auf einen hypothetischen Gasriesen am Rande unseres Sonnensystems. Die These galt bereits zuvor als unwahrscheinlich, bei der aktuellen WISE-Himmelsdurchmusterung tauchte jedenfalls nichts dergleichen auf.

Illu.: Reuters/Nasa

Die Grafik illustriert, für welche Regionen unseres Sonnensystems ein Gasriese ausgeschlossen werden kann (senkrecht: Planetenmasse in Jupitermassen, waagrecht: Distanz von der Sonne in Astronomischen Einheiten)

Grafik: Penn State University

Unter den Neuentdeckungen findet sich dieser L-Klasse-Unterzwerg in 20 Lichtjahren Entfernung
im südlichen Sternbild Winkelmaß. Der Stern mit dem Namen WISEA J204027.30+695924.1 bewegt sich ungewöhnlich schnell über den Himmel, wie dieses Video zeigt. Laut Astronomen ist dies ein Hinweis auf sein hohes Alter; Sterne, die schon auf ein langes Leben zurück blicken, hatten auf ihrem Rundkurs um das galaktische Zentrum mehr Zeit dafür, an Geschwindigkeit zuzulegen.

Foto: DSS/NASA/JPL-Caltech

Auch das bisher drittnächst gelegene Sternensystem haben Astronomen in den WISE-Daten entdeckt: Das Objekt WISE J104915.57-531906, auch bekannt als Luhman 16 ist ein Doppelsystem aus zwei Braunen Zwergen in 6,5 Lichtjahren Entfernung von der Sonne.

Foto: NASA/JPL/Gemini Observatory/AURA/NSF

Seit Jahrzehnten kursiert die Vorstellung, es könnte am Rande unseres Sonnensystems ein unbekannter Riesenplanet kreisen, der sich womöglich eines Tages auf gefährliche Abwege begibt. Die mehr oder weniger widerlegte Hypothese enthält durchaus ein Fünkchen Wissenschaftlichkeit: Die Annahme eines massereichen Objekts im äußeren Sonnensystem wäre zumindest eine mögliche Erklärung für einige seltsame Kometenorbits. Zwei aktuelle Studien, die auf Daten des NASA-Weltraumteleskops WISE (Wide-Field Infrared Survey Explorer) basieren, konnten nun die Existenz eines solchen dunklen "Planeten X" wohl endgültig ausschließen.

WISE scannte zwischen 2010 und 2011 mit einem Abstand von sechs Monaten zweimal den gesamten Himmel in vier unterschiedlichen Bereichen des Infrarot-Spektrums. Der Vergleich der beiden Datensätze enthüllte den Astronomen durch ihre Eigenbewegung Hunderte Millionen Objekte - ein ominöser Gasriese oder ein ebenfalls immer wieder postulierter unentdeckter Begleitstern der Sonne waren nicht dabei.

Vage Hinweise auf dunklen Gasriesen

Der Glaube an ein solches abwechselnd als "Planet X", "Nemesis" oder "Tyche" bezeichnetes Objekt - sei es ein Stern oder ein Gasriese - wurde in der Vergangenheit von einigen Studienergebnissen genährt. So schienen Beobachtungen von verschiedenen langperiodischen Kometen weit draußen in der Oortschen Wolke auf ein massereiches Objekt am äußeren Rand des Sonnensystems hinzudeuten. Eine andere These brachte "Planet X" mit der Regelmäßigkeit in Verbindung, mit der Asteroiden-Bombardements auf der Erde zu Massenaussterben führten.

Die Detailergebisse des WISE-Scanns sprechen aber dagegen: Die Forscher fanden innerhalb eines Abstandes von 10.000 Astronomischen Einheiten kein Objekt von der Masse des Saturn; Planeten oder gar Sterne jenseits der Jupitermasse konnten bis zu einem Abstand von 26.000 Astronomischen Einheiten ausgeschlossen werden. Eine Astronomische Einheit misst rund 150 Millionen Kilometer und entspricht der mittleren Distanz zwischen der Erde und der Sonne. Zum Vergleich: Pluto befindet sich im Mittel 40 Astronomische Einheiten von der Erde entfernt.

Füllhorn an Neuentdeckungen

Die Resultate bedeuten jedoch nicht, dass die Astronomen mit leeren Händen dastehen, ganz im Gegenteil: Die Forscher berichten in den beiden im "Astrophysical Journal" veröffentlichten Arbeiten von über 750 Millionen beobachteten Objekten, darunter zehntausende bis dahin unbekannte astronomische Körpern im näheren Umfeld der Sonne.

Während Kevin Luhman von der Penn State University in seiner Arbeit 762 Objekte katalogisiert hat, entdeckte das Team um Davy Kirkpatrick vom Infrared and Processing Analysis Center der NASA am California Institute of Technology im Umkreis von 500 Lichtjahren 3.525 neue Sterne und Braune Zwerge.

Unbekannte Nachbarschaft

Einige teilweise ungewöhnliche Sterne liegen gleichsam direkt in unserem Vorgarten: so erspähte WISE beispielsweise einen L-Klasse-Unterzwerg in 20 Lichtjahren Distanz oder ein Doppelsystem von Braunen Zwergen in nur 6,6 Lichtjahren Entfernung. Letzteres stellte das nächst liegende Sternensystem dar, das in den letzten hundert Jahren entdeckt worden ist. Die Ergebnisse verdeutlichen nach Angaben der Astronomen einmal mehr, dass die unmittelbare Nachbarschaft unseres Heimatsterns weit weniger erforscht ist, als man vielleicht glauben mag.

WISE hat sich übrigens mittlerweile anderen Aufgaben zugewandt. Nach dem Ende seiner Primärmission im Jahr 2011 und einer kurzen Ruhephase nimmt das Weltraumteleskop seit dem September 2013 im Rahmen des Projektes NEOWISE potenziell gefährliche Asteroiden in der näheren Erdumgebung ins Visier - und zwar auch hier mit Erfolg. Ende letzten Jahres entdeckte das Infrarot-Observatorium seinen ersten Asteroiden. Der Brocken mit der Bezeichnung "2013 YP139" hat einen Durchmesser von rund 650 Metern und könnte sich der Erde in fernerer Zukunft bis auf rund 480.000 Kilometer annähern. (tberg, derStandard.at, 15.03.2014)