Bild nicht mehr verfügbar.

Der Sarg von Berkin Elvan wird durch die Straßen Istanbuls getragen.

Foto: APA/EPA/Suna

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Polizei setzt Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein.

Foto: Reuters/Bektas

Bild nicht mehr verfügbar.

Demonstranten flüchten.

Foto: Reuters/Bektas

Bild nicht mehr verfügbar.

Demonstranten bewerfen Polizisten mit Feuerwerkskörpern.

Foto: EPA/ERDEM SAHIN

Istanbul - Am Tod eines seit neun Monaten im Koma liegenden Jugendlichen haben sich am Dienstag in mehreren Städten der Türkei neue Proteste gegen die islamisch-konservative Regierung entzündet. In Istanbul hinderte die Polizei mit Wasserwerfern hunderte Demonstranten daran, am Abend auf den zentralen Taksim-Platz vorzudringen, wie Augenzeugen berichteten. Proteste gab es auch in mehreren Städten.

Die Menge skandierte "Schulter an Schulter gegen Faschismus". Von Protesten in Ankara, Adana, Antalya und Izmir wurde berichtet. Örtlichen Medien zufolge wurden mehr als 150 Demonstranten festgenommen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Dogan wurden bei gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei am Dienstagabend rund 20 Demonstranten verletzt.

Zwei Demonstranten seien im südlich gelegenen Mersin und in Istanbul von Polizeifahrzeugen angefahren und schwer verletzt worden. In Istanbul wurde demnach auch ein Polizist verletzt.

Von der Polizei am Kopf getroffen

Der am Morgen gestorbene 15-jährige Berkin Elvan war im Juni vergangenen Jahres auf dem Höhepunkt der Protestwelle gegen die islamisch-konservative Regierung von einem Tränengasgeschoß der Polizei am Kopf getroffen worden und seither im Koma gelegen. Nach Darstellung seiner Familie war er damals unterwegs, um Brot zu holen. Bei den Protesten waren fünf Demonstranten und ein Polizist ums Leben gekommen.

Am Mittwoch erfolgt das Begräbnis von Elvan, dabei wird sein Sarg durch den Istanbuler Stadtteil Sisli getragen. Es wird mit neuen Protesten gerechnet.

Barrikaden vor Krankenhaus

Am Dienstag versuchten Demonstranten zunächst nahe des Krankenhauses Barrikaden zu errichten, um die Polizei zu stoppen. Demonstranten warfen Steine auf die Polizei und Polizeiwagen. Am Vortag hatte die Polizei eine Mahnwache für den Jugendlichen am Krankenhaus gewaltsam aufgelöst und mehrere Menschen festgenommen.

"An unser Volk: Wir haben unser Kind Berkin Elvan um 7 Uhr verloren", twitterte die Familie des Buben am Dienstag. Staatspräsident Abdullah Gül drückte den Angehörigen sein Beileid aus. Er rief dazu auf, neues Leid zu verhindern. Das habe er auch den Behörden der Provinz Istanbul gesagt.

Erdogan relativiert Facebook-Drohung

Unterdessen relativierte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die Androhung einer Blockade von Facebook und Youtube in der Türkei. Eine vollständige Sperre komme nicht infrage, sagte Erdogan der regierungsnahen Zeitung "Yeni Safak" vom Dienstag. Doch werde er Fälschungen im Internet bekämpfen.

Die Proteste hatten sich im vergangenen Sommer an Plänen der Regierung entzündet, den Gezi-Park am Rande des Istanbuler Taksim-Platzes zu bebauen. Sie richteten sich bald vor allem gegen Erdogans autoritären Regierungsstil. (APA, 11.3.2014)