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Keine gute Koalition mehr: Noch-Premier Ivica Dacic (SPS) wird in der Wahlkampagne seines Stellvertreters Aleksandar Vucic (SNS) in die Nähe der Drogenkriminalität gestellt. 

Foto: AP / Marko Drobnjakovic
Grafik: Standard

Die Wahlkampagne der Serbischen Fortschrittspartei SNS erinnert an einen Triumphzug. Unterwegs werden trotzdem noch links und rechts Hiebe verteilt, gegen die schon niedergeschlagenen Gegner. Die SNS wird laut allen Umfragen nach der Wahl am kommenden Wochenende etwa dreimal stärker sein als der Zweitplatzierte. Selbst die absolute Mehrheit ist nicht ausgeschlossen.

"So wie wir gegen Korruption gekämpft haben, so werden wir auch Reformen vorantreiben", donnert der SNS-Chef - und wohl nächste Premier Serbiens - Aleksandar Vucic. Was genau er unter Reformen versteht, erklärt er nicht. Die Botschaft heißt einfach: Serbien hat die Wahl zwischen korrumpierten Politikern, die Tycoons helfen, das Land auszubeuten - und ihm, dem Saubermann und politischen Reformator. Und jeder, der gegen Vucic ist und ihn kritisiert, wird als Krimineller gebrandmarkt oder als "Söldner der Tycoons"; zumindest alle, die ihm gefährlich werden könnten.

Seine enorme Popularität hat Vucic seinem "mutigen Kampf" gegen das organisierte Verbrechen zu verdanken. Er ließ den reichsten Serben, den Eigentümer von Delta Holding, die Verkörperung der bisher "unantastbaren Wirtschaftsbosse", verhaften: Miroslav Miskovic. Weitere Anklagen und Festnahmen folgten. Das kam gut an in der verarmten Bevölkerung.

Vucic identifizierte die Verantwortlichen für die Misere des Volkes, ein neues Feindbild wurde geschaffen: die bis 2012 regierende Demokratische Partei DS, die "Partei der Tycoons".

Der politische Analytiker Slobodan Antonic erkennt in der Wahlkampagne ein in den 1990er-Jahren erprobtes Muster: Damals kam Slobodan Milosevic auf der Welle der "antibürokratischen Revolution" an die Macht; heute hat es Vucic mit dem "Kampf gegen die Korruption" geschafft. Damals hatte man als Ziel den "schwedischen Sozialismus", heute die EU; damals spalteten Vucic und Co Serbien in Patrioten und "Nato-Söldner", heute in "ehrliche" Bürger und Wirtschaftsbosse.

Riesige Medienkampagne

Vergeblich jammert die DS, dass die SNS-Zentrale über gesteuerte Revolverblätter mit einer Millionenauflage (Kurir, Informer) und über den privaten TV-Sender Pink, denen die Sicherheitsdienste häufig Informationen zuspielen, systematisch Rufmorde an politischen Gegnern begeht; dass sie so Verhaftungen ankündigt; dass Berichte von Polizeiuntersuchungen und Verhören veröffentlicht werden.

Die Zielscheibe Nummer eins: DS-Chef Dragan Djilas. In einem Belgrader Kunstzentrum wurde eine Ausstellung unter dem Titel Die Wirklichkeit, an die wir nicht glauben organisiert - mit dutzenden Titelseiten von Kurir, auf denen Djilas als Mafiaboss angeprangert wird. Die Hetzkampagne spiegelte sich in den Umfragen wider: Die DS liegt am Boden.

Dennoch: "Die DS sammelt die noch übrige demokratische Kultur", schreibt die Soziologin Vesna Pesic - und deshalb müsse man sie retten. Für die Partei zu stimmen, meint Pesic, heiße, gegen Vucic zu stimmen: gegen "Konfusion, Repression, Polizeistaat".

Dem Kreuzfeuer der SNS ist auch Vucics bisheriger Koalitionspartner, die Sozialistische Partei Serbiens (SPS), ausgesetzt. Den SPS-Chef und Premier Ivica Dacic bringt die Boulevardpresse in Zusammenhang mit dem berüchtigten Drogen-Clan von Darko Saric. Man vergleicht Dacic sogar mit dem soeben wieder verurteilten kroatischen Ex-Premier Ivo Sanader.

Neben der Abrechnung mit dem Bösen im Ganzen steht im Zentrum der SNS-Wahlkampagne das Projekt "Belgrad am Wasser". Die Vereinigten Arabischen Emirate würden "drei Milliarden Euro" in ein supermodernes Geschäfts- und Wohnzentrum investieren, verspricht Vucic: auf dem Gelände, wo jetzt an der Save der Bahnhof und der Belgrader Hafen liegen. Das würde 20.000 neue Jobs schaffen. Aufgrund des "Ehrenwortes" eines Scheichs aus den Emiraten wurde auch ein Darlehen von weiteren "drei Milliarden Euro" in den Haushalt für 2014 projiziert. Man bekam allerdings nur eine Milliarde Dollar (rund 720 Millionen Euro) - das Budget muss nun revidiert werden. (Andrej Ivanji aus Belgrad, DER STANDARD, 12.3.2014)