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Das Wiener Verwaltungsgerichtsgesetz wird nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofes adaptiert.

Foto: dapd/Zak

Wien - Mit 1. Jänner 2014 trat eine der größten Verwaltungsreformen in jüngerer Zeit in Kraft: Statt zahlreicher Berufungssenate, Sonderbehörden und Kommissionen pro Bundesland wurden in Österreich neun Landesverwaltungsgerichte sowie zwei Verwaltungsgerichte des Bundes geschaffen. Dieser Schritt soll eine große Unterstützung für den chronisch überlasteten, übergeordneten Verwaltungsgerichtshof bringen und die Dauer von Verfahren für Bürger verkürzen. Ziel der Reform ist, dass Landesverwaltungsgerichte Entscheidungen der Landesbehörde kontrollieren können.

Das Wiener Landesverwaltungsgerichtsgesetz musste aber repariert werden, nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Teile der Regelung als nicht verfassungskonform aufgehoben hatte. In der nächsten Landtagssitzung am 25. März soll der von Rot und Grün adaptierte Passus beschlossen werden, wie der stellvertretende SP-Klubvorsitzende Kurt Stürzenbecher am Dienstag vor Journalisten mitteilte.

Der Präsident hatte das letzte Wort

Konkret geht es um den Geschäftsverteilungsausschuss, der die Verfahren den insgesamt 83 Richtern zuteilt: Bisher bestand dieser aus vier Richtern, wovon zwei Personen von der Vollversammlung gewählt wurden. Der Präsident und der Vizepräsident wurden von der rot-grünen Landesregierung bestellt. Bei einer Pattstellung der Entscheidung hatte im Endeffekt der Präsident das letzte Wort.

VP und FP monierten unter anderem diesen Verteilungsschlüssel: Nach Ansicht der Oppositionsparteien gäbe es dadurch Raum für mögliche politische Einflussnahmen durch die Stadtregierung.

Der angerufene VfGH kam der Beschwerde nach und schätzte die richterliche Aufteilung als verfassungswidrig ein. Die Zahl der von der Vollversammlung gewählten Mitglieder müsse größer sein als jene der "Amtsmitglieder". Nach dem neuen Beschluss wird das Gremium fünf Personen umfassen - davon drei Richter, die von der Vollversammlung gewählt wurden.

Geschäftsverteilung unabhängiger

"Es hat die Befürchtung gegeben, dass die Stadtregierung Einfluss nehmen kann", sagt Stürzenbecher. "Wenn man so will, ist mit diesem Urteil die Geschäftsverteilung noch unabhängiger geworden. Unser Ziel war es, die Vorgaben des Höchstgerichtes so schnell als möglich zu sanieren."

Stürzenbecher wies darauf hin, dass andere von der Opposition beanstandete Regelungen vom VfGH hingegen bestätigt wurden. "Bei einem derart umfassenden Gesetz ist es eher verwunderlich, dass nicht mehr aufgehoben worden ist." Kritik, dass erst ein Spruch des VfGH die Gesetzesreparatur möglich machte, obwohl VP und FP bereits im März 2013 - noch vor Inkrafttreten des neuen Wiener Verwaltungsgerichtes - auf Mängel aufmerksam machten, wehrte Stürzenbecher ab. "Als Blau-Schwarz im Bund regierte, wurden Gesetze im Wochentakt aufgehoben."

Rechtspfleger bestätigt

In den letzten zehn Jahren seien laut Stürzenbecher in Wien vom VfGH nur zwei Gesetze aufgehoben worden: das Ausländerwahlrecht und eben das Verwaltungsgerichtsgesetz.

Das System der Rechtspfleger im Wiener Landesverwaltungsgericht, die laut Stürzenbecher "einfachere Verfahren" selbstständig unter Fachaufsicht der Richter führen können, wurde hingegen vom VfGH bestätigt. VP und FP sahen deren Kompetenzen zu weit gehen. Laut SP-Klubjuristin Karin Tomanek-Ambrozy gibt es rund 22.000 Geschäftsfälle pro Jahr, wovon 17.000 von Richtern und 5000 von Rechtspflegern erledigt werden. (David Krutzler, DER STANDARD, 12.3.2014)