Bild nicht mehr verfügbar.

Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann lässt seine Funktion als Geschäftsführer bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - Am Dienstag liegen die zwei Rechtsgutachten zur Frage vor, wer für die Finanzmisere des Burgtheaters verantwortlich zu machen ist. Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) lud daher die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat zu einer Sitzung gleich am Vormittag ein.

Direktor Matthias Hartmann, der sich in seiner Argumentation auf den künstlerischen Leiter zurückgezogen hatte und jede Mitverantwortung an den Bilanzmanipulationen abstritt, war schneller: Er schlug am Montagnachmittag in einer E-Mail vor, seine "Funktion als Geschäftsführer des Burgtheaters bis zur Klärung aller Sachverhalte ruhen zu lassen". Dies habe er dem Ensemble persönlich sowie Ostermayer und Georg Springer, dem Chef der Bundestheaterholding, mitgeteilt.

Am Freitagvormittag hatte Hartmann zu einem Pressegespräch im kleinen Kreis geladen. Er kündigte an, Transparenz schaffen zu wollen, und präsentierte "Fakten" über seine Ära. Doch manche von ihnen hielten einer kritischen Überprüfung nicht stand. Hartmann behauptete zum Beispiel, dass sich die wirtschaftliche Situation des Burgtheaters seit seinem Amtsantritt im September 2009 "um 200.000 Euro verbessert" habe. Der aktuelle Bilanzverlust beträgt, wie berichtet, 8,3 Millionen Euro. Hätte man dieselbe strenge Abschreibungsmethode auch für die Saison 2008/09 angewendet, hätte es damals, im letzten Jahr von Vorgänger Klaus Bachler, einen Verlust von 8,5 Millionen Euro gegeben. Doch Hartmann hatte vergessen, dass in der Zwischenzeit das Stammkapital von 13 auf 9,35 Millionen Euro reduziert werden musste. Zudem drohen nun bis zu fünf Millionen Euro Steuernachzahlungen.

Hartmann musste zudem eingestehen, dass er die Vorbereitungshonorare, die er zwischen seiner Bestellung im Juni 2006 und seinem Amtsantritt im September 2009 erhielt, von Silvia Stantejsky verwahren ließ. Er meinte, er hätte damals kein Konto in Österreich gehabt. Stantejsky war die Stellvertreterin von Thomas Drozda, dem kaufmännischen Direktor, und übernahm im Herbst 2008 dessen Posten. Ihr wird vorgeworfen, "dolose", also strafrechtlich relevante Handlungen gesetzt zu haben. Der dadurch dem Burgtheater entstandene Schaden wird mit 2,7 Millionen Euro beziffert.

Hartmann musste auf Nachfrage zugeben, dass er die Beträge bar an der Hauptkassa des Burgtheaters abgeholt hatte. Die Presse nennt 233.000 Euro. Gegenüber News soll Hartmann gesagt haben, dass es "in Theaterkreisen ein absolut üblicher Vorgang" sei, derartige Summen bar zu beheben.

Hartmann begründete seinen Vorschlag, die Geschäftsführung ruhend zu stellen, so: "Die aktuelle Diskussion über das Burgtheater, die in einem aufgeheizten Klima, belastet von Halbwahrheiten, sogar Lügen und Intrigen sowie gefälschten Belegen, stattfindet, macht eine Versachlichung der Diskussion über Buchungsvorgänge unmöglich." Er aber möchte "tief betroffen von den öffentlichen Anfeindungen und Kampagnen" den Weg für eben diese Versachlichung ermöglichen.

Obwohl es ihm gelungen sei, "die besten Besucherzahlen und die höchsten Einnahmen in der Geschichte des Hauses zu erreichen", werde er für Buchhaltungsvorgänge aus der Ära seiner ehemaligen Kogeschäftsführerin Silvia Stantejsky (von Herbst 2008 bis Herbst 2013) verantwortlich gemacht. "Um Schaden durch die Verlängerung der medialen Schlammschlacht vom Haus abzuhalten, aber auch um Schaden für meine Familie - meine Kinder werden bereits angepöbelt - abzuwenden", schlage er vor, im Einvernehmen mit Ostermayer und Springer seine Funktion als Geschäftsführer ruhen zu lassen.

Jenseits von Gut und Böse

Selbstverständlich stehe er dem Kulturausschuss und auch dem Rechnungshof sowie all jenen, die zur Aufklärung beauftragt wurden, für alle Auskünfte, soweit er sie geben könne, zur Verfügung: "Ich werde alles dafür tun, dass der Betrieb des Burgtheaters ungestört und künstlerisch erfolgreich weiter laufen kann."

Und so wird, wie geplant, am 6. April im Akademietheater Der falsche Film Premiere haben. Hartmann inszeniert erstmals Hartmann. Aus dem Inhalt: "Die Dreharbeiten finden in den letzten Monaten des Dritten Reiches statt, in Frontnähe. Der Regisseur, die Stars, die Sternchen ringen in der Arbeit nicht nur mit den Tücken eines lupenreinen Propaganda-Schinkens, sie ringen auch mit ihrem eigenen Gewissen. Sind sie kraft der ausgezeichneten Ästhetik ihres Schaffens jenseits von Gut und Böse?" (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 11.3.2014)