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Einwohner der Krim demonstrieren in Stavropol für Russland.

Foto: Reuters/Korniyenko

Kiew/Washington - Russland hat dem Westen wegen der Verhängung von Sanktionen in der Ukraine-Krise mit Vergeltung gedroht. Die von den USA beschlossenen Strafmaßnahmen würden die Amerikaner wie ein Bumerang treffen, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Sein Ministerium erklärte, sollte die Europäische Union die von ihr angedrohten weiteren Sanktionen tatsächlich verhängen, werde Russland Vergeltung üben.

Ein Sprecher von Präsident Wladimir Putin äußerte dennoch die Hoffnung, dass es nicht einem neuen Kalten Krieg kommen werde. Lawrow appellierte in einem Telefonat an seinen US-Kollegen John Kerry, die bilateralen Beziehungen nicht durch "überhastete und rücksichtslose Schritte" zu beschädigen, wie das russische Außenministerium mitteilte. Mit Blick auf die EU erklärte es, die Gemeinschaft habe mit ihrer Entscheidung, die Gespräche über Reiseerleichterungen auf Eis zu legen, eine "extrem unkonstruktive Position" eingenommen: "Russland wird die Sprache von Sanktionen und Drohungen nicht akzeptieren."

Europarats-Vorsitzender Kurz

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wird sich am Montag in seiner Funktion als Europarats-Vorsitzender in der ukrainischen Hauptstadt Kiew aufhalten. "Der Europarat kann einen wichtigen Beitrag leisten, die unterschiedlichen Gruppen in der Ukraine zu vereinen", betonte Kurz am Freitag.

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel drohte mit weiteren Sanktionen in wenigen Tagen. Merkel sagte, die EU habe sehr deutlich gemacht, wie sie vorgehen werde: "Wir erwarten uns innerhalb weniger Tage Bildung eines diplomatischen Gremiums", sagte sie mit Blick auf die vom Westen geforderte und von Putin im Prinzip zugesagte Kontaktgruppe. "Wenn das nicht der Fall ist, dann wird man weitere Sanktionen ins Auge fassen müssen." Zuvor hatte es in der Bundesregierung geheißen, dass man kommende Woche über einen solchen Schritt nachdenken werde.

"Ernste Entwicklung"

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon rief im Konflikt um die ukrainische Halbinsel Krim alle Beteiligten zur Besonnenheit auf. Das für den 16. März geplante Referendum über den künftigen Status der Krim sei eine "beunruhigende und ernste Entwicklung", ließ Ban am Freitag in New York mitteilen. Er forderte alle beteiligten Parteien auf, "die Angelegenheit mit Ruhe anzugehen".

Das Parlament auf der Krim hatte den russischen Staatschef Wladimir Putin am Donnerstag um Aufnahme in die Russische Föderation gebeten. Ein Referendum dazu wurde für den 16. März angesetzt. Die Vorsitzenden beider Häuser des Parlaments in Moskau sagten am Freitag ihre Unterstützung für die Bestrebungen der örtlichen Führung auf der Krim zu.

Die ukrainische Übergangsregierung und der Westen wenden sich entschieden gegen eine Abspaltung der Krim und halten ein entsprechendes Referendum für unrechtmäßig. Wegen der Entsendung russischer Truppen auf die Krim verhängten die USA am Donnerstag Einreiseverbote und froren Vermögen ein. Auch die Europäische Union beschloss erste Sanktionen.

Der amtierende ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk sagte in Kiew, das Ergebnis des "sogenannten Referendums" werde von niemandem in der zivilisierten Welt anerkannt werden. Auch die prominente ukrainische Politikerin Julia Timoschenko betonte nach einem Gespräch mit Merkel in Dublin, eine russische Annexion der Krim müsse unbedingt verhindert werden.

Verlorene Glaubwürdigkeit

Putin-Sprecher Dmitri Peskow sagte dagegen, sollten die "Verantwortlichen für den Staatsstreich in Kiew" die Krim und den Osten des Nachbarlandes erreichen, sei eine Verfolgung der russischen Bevölkerung zu befürchten. Zum Vorschlag, der Westen könne zwischen Russland und der neuen Regierung in Kiew vermitteln, sagte Peskow, darüber könne er nur müde lächeln. Die westlichen Staaten hätten durch ihr Verhalten in der Krise ihre Glaubwürdigkeit verloren. Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa wurden am Freitag erneut daran gehindert, auf die Krim zu gelangen.

Jazenjuk bekräftigte zwar seine Bereitschaft zu Gesprächen mit der Regierung in Moskau, nannte dafür aber Bedingungen, die Russland bereits abgelehnt hat. Die Regierung in Moskau erkennt ihrerseits die gegenwärtige ukrainische Führung nicht an, weil sie durch einen Putsch an die Macht gekommen sei. Das russische Vorgehen gehe auf Bitten des gestürzten ukrainischen Staatschefs Viktor Janukowitsch zurück und sei daher in voller Übereinstimmung mit dem Völkerrecht. 

Russen übernehmen ukrainische Raketenabwehrstation

Auf der Halbinsel Krim haben offenbar Russen einen Militärstandort der ukrainischen Streitkräfte übernommen. Bewaffnete Männer seien mit einem Lastwagen in die Raketenabwehrstation gefahren, berichtete ein Reuters-Reporter am Freitag vor Ort. Es seien keine Schüsse gefallen. Das Tor des Stützpunkts sei nicht beschädigt. In anderslautenden Berichten hatte es geheißen, der Standort sei gestürmt worden, der Lastwagen habe das Eingangstor durchbrochen. Ein Vertreter des ukrainischen Militärs sagte am Telefon, niemand sei verletzt. Ein anderer ukrainischer Vertreter sagte, er vermittle zwischen den Streitkräften und der bewaffneten Gruppe. Diese hätten keine Waffen erbeutet. (APA, Reuters, 7.3.2014)