Der neu beschriebene Torvosaurus gurneyi verfügte über weniger Zähne als sein nordamerikanischer Verwandter.

Foto: Christophe Hendrickx

Lissabon - Zehn Zentimeter lange klingenförmige Zähne, bis zu zehn Meter Körperlänge und ein Gewicht von vier bis fünf Tonnen: Das sind die Eckdaten eines bisher unbekannten Dinosauriers, genauer: einer Spezies des Torvosaurus. Wie ein portugiesisches Paläontologenteam aktuell im Fachmagazin "PLoS One" berichtet, dürfte die zur Gattung der Theropoden zählende Spezies Torvosaurus gurneyi zu ihren Lebzeiten, vor rund 150 Millionen Jahren, zu den größten landbewohnenden Fleischfressern gehört haben.

Aus der Gruppe der zweibeinigen Theropoden, der nahezu alle fleischfressenden Dinosaurier angehörten, stammen nach heutigem Wissensstand die größten Räuber an Land überhaupt. Ein ergiebiger Fundort für Fossilien in Europa ist die Lourinhã Formation in Westportugal. Als paläontologische Fundstätte weist die Formation aus dem späten Jura bemerkenswerte Parallelen zur nordamerikanischen Morrison Formation auf: Dazu zählen unter anderem auch Funde fossiler Überreste des Torvosaurus.

Wilde Echse

Torvosaurus (übersetzt "wilde Echse") stand zu Lebzeiten in der Nahrungskette definitiv ziemlich weit oben. In den 1970er Jahren entdeckten Forscher in Nordamerika erstmals Überreste und beschrieben die Spezies Torvosaurus tanneri. Die Körperlänge des entdeckten Exemplars wurde auf etwa neun Meter geschätzt, konnte aber aus dem unvollständigen Material nicht exakter eruiert werden. Spätere Fossilienfunde aus Portugal, die bisher ebenfalls Torvosaurus tanneri zugeordnet wurden, ließen auf ein größeres Exemplar schließen.

Zweite beschriebene Spezies

Die Paläontologen um Christophe Hendrickx legten nun erstmals eine umfangreiche Beschreibung der portugiesischen Knochenfunde vor. Sie kamen beim Vergleich mit den nordamerikanischen Funden aber zu einem anderen Schluss: Unterschiede bei Schienbeinen, Oberkieferknochen und Schwanzwirbeln deuten demnach auf eine eigenständige, größere europäische Spezies hin - Torvosaurus gurneyi. So befinden sich etwa im Oberkiefer von T. tanneri mit mindestens elf Zähnen deutlich mehr als in jenem von T. gurneyi. Auch Unterschiede in Form und Struktur der Kieferknochen selbst legten nahe, dass es sich um zwei Spezies einer Gruppe handelt.

T. gurneyi ist damit die zweite beschriebene Torvosaurier-Art. "Es handelt sich zwar nicht um den größten Raubsaurier, den wir kennen - Tyrannosaurus, Carcharodontosaurus und Giganotosaurus aus der Kreide waren körperlich größer", so Hendrickx. T. gurneyi sei aber wohl einer der größten an Land lebenden Fleischfresser seiner Zeit gewesen - und der größte bisher in Europa entdeckte. Wie sein Gebiss und Körperbau zeigen, dürfte er ein erfolgreicher Jäger gewesen sein. Die Forscher rechnen auch im Vorjahr entdeckte Embryonen der neuen Spezies zu. Fossilien naher Verwandter deuten übrigens darauf hin, dass Torvosaurus bereits über längere fasrige Strukturen auf seinem Körper verfügt haben könnte - Vorläufer von Federn. Immerhin gingen die heutigen Vögel aus flugunfähigen Theropoden hervor. (David Rennert, DER STANDARD, 6.3.2014)