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US-Präsident Barack Obama wird vor allem von den Republikanern vorgeworfen, entscheidungs- und durchsetzungsschwach zu sein.

Foto: AP/Susan Walsh

Lindsey Graham aus South Carolina hat wieder einmal Talent bewiesen, Dinge knackig und mediengerecht zuzuspitzen: "Hören Sie auf, sich in ein TV-Studio zu setzen und Banditen und Diktatoren zu drohen! Das ist einfach nicht Ihre Stärke!", riet er Barack Obama. Wann immer sich der Mann vor Kameras stelle, um Leuten vom Schlage Wladimir Putins die Leviten zu lesen, wirke es reichlich bizarr. Die USA hätten einen schwachen, wankelmütigen Präsidenten, der Aggressoren ermuntere, anstatt sie in die Schranken zu weisen.

Die Debatte über die Krim-Krise hat sich in Washington ausgeweitet zu einem Diskurs über Pro und Kontra vorsichtiger Realpolitik, für die Obama so markant steht. Der Historiker Fred Kaplan vergleicht ihn mit Dwight Eisenhower, dem Weltkriegsgeneral, der die nationalen Interessen bewusst eng definierte, damit das Land nicht ständig Weltpolizist spielten musste.

Republikanische Strategen wie Graham und John McCain, fragen polemisch: Ist Obama hart genug für einen früheren KGB-Offizier? Was sind Worte des US-Präsidenten wert? Wie ist um seine Glaubwürdigkeit bestellt? Sieht man es durch die Brille der Konservativen, dann ist der "Zuschauer" im Weißen Haus ein zweiter Jimmy Carter: ein Weichei, dem Putin auf der Nase herumtanzen kann, so wie Carter sich von Ayatollah Khomeini vorführen ließ. Warne Obama vor Konsequenzen, so der Tenor, mache er sich bloß zum Gespött, denn niemand höre mehr auf ihn. Obama, schreibt selbst die Washington Post, baue zu sehr darauf, dass sich andere rational verhalten. Invasionen, Gewalt, Großmachtspiele - aus seiner Sicht sei ein solches Verhalten passé: "Obama betreibt eine Außenpolitik, die weniger auf der Wirklichkeit basiert und mehr darauf, wie er glaubt, dass die Welt sein sollte."

Auf den ersten Blick scheinen die Kritiker recht zu haben. Seit der Präsident im August einen Militärschlag gegen Syrien abblies und einen Deal mit Russland einfädelte, um Bashar al-Assads Chemiewaffen abzurüsten, ging Assads Offensive gegen die Rebellen ungestört weiter. Dann weigerte sich Afghanistans Hamid Karsai, ein Truppenabkommen zu unterzeichnen. Nun nimmt sich Putin die Krim, ohne sich darum zu scheren, dass Obama vor den "Kosten" eines solchen Schritts warnte. "Der Kreml versucht ein neues russisches Empire zu schaffen; und wir sollten uns dagegen wehren", fordert Graham.

Militärkonflikt unmöglich

Die Regierung reagiert auf solche Einwürfe mit der Metapher von den "chicken hawks", den Hühnerfalken: Politiker, die den Mund voll nehmen, ohne zu wissen, was an Taten folgen soll. Ein Militärkonflikt, darin herrscht Einigkeit, ist ausgeschlossen. Wer Obama als Leisetreter madig mache, meinen hochrangige Regierungsberater, möge sich daran erinnern, was 2008 geschah: Als russische Truppen in Georgien einmarschierten, blieb dem Oval Office auch nichts anderes übrig, als sich nach scharfen Protesten mit der Realität abzufinden.

An der Pennsylvania Avenue 1600 residierte damals noch George W. Bush: der Texaner, der für sich in Anspruch nahm, ein entschlossener "Entscheider" zu sein. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 4.3.2014)