"Wenn man nach einer halben Stunde oder Dreiviertelstunde immer noch nicht schläft, soll man sich nicht quälen und lieber wieder aufstehen", sagt die Psychotherapeutin Brigitte Holzinger.

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STANDARD: Wie bekommt eine Frau Gewissheit, dass ihre Schlafprobleme Zeichen des Wechsels sind?

Holzinger: Am sichersten ist es, einen Hormonstatus, eine Blutuntersuchung, machen zu lassen. Ob sich der Wechsel ankündigt, sieht man im Hormonspiegel.

STANDARD: Wann spricht man von einer Schlafstörung?

Holzinger: Schläft man dreimal die Woche über drei Monate hinweg nicht, liegt eine Schlafstörung vor.

STANDARD: Was raten Sie schlaflosen Frauen?

Holzinger: Generell etwas gegen die Wechselbeschwerden zu tun. Ich meine damit nicht, Pillen oder Hormone zu schlucken, sondern den Lebensstil an die neuen Bedürfnisse anzupassen, beispielsweise die Ernährung umzustellen und sich täglich eine Stunde zu bewegen, das kurbelt den Stoffwechsel an. Besonders wichtig ist es, den Schlaf zu pflegen. Dazu gehören regelmäßige Schlafgewohnheiten.

STANDARD: Wenn aber das Einschlafen ein Problem ist?

Holzinger: Da empfehlen wir das Schlaf-und-Traum-Tagebuch. Wenn ich zensurlos notiere, was mir durch den Kopf geht - auch jeden vermeintlichen Blödsinn -, hat das einen Effekt. Wenn man nach einer halben Stunde oder Dreiviertelstunde immer noch nicht schläft, soll man sich nicht quälen und lieber wieder aufstehen.

STANDARD: Und dann lesen oder zum Kühlschrank gehen?

Holzinger: Man kann durchaus etwas machen, das einen interessiert. Damit man involviert ist und nicht länger darüber nachdenkt, dass man nicht schlafen kann. Wenn man eine Kleinigkeit isst oder trinkt, soll es etwas Warmes sein. Aber Achtung: Heiße Schokolade bewirkt das Gegenteil. Fühlt man sich entspannt, soll man wieder zu Bett gehen.

STANDARD: Sie raten auch zur genauen Schlafdatenerfassung. Was soll das bringen?

Holzinger: Man notiert, wann man zu Bett gegangen ist, eingeschlafen, wieder aufgewacht ist. So schafft man eine Objektivierung der eigenen Schlafgewohnheiten. Nach ein, zwei Wochen hat man einen Überblick, ob man tatsächlich so wenig schläft, wie man meint. So wird Bezug zum eigenen Schlafmuster und -verhalten entwickelt. Oft hindert einen ja die Anspannung, die Angst vor der Schlaflosigkeit, einzuschlafen oder durchzuschlafen. So können die Aufzeichnungen zu Entspannung führen. Entspannung ist ja der Schlüssel zum guten Schlaf.

STANDARD: Was ist mit den Träumen. Sollte man auch die aufschreiben?

Holzinger: Ja. Der Wechsel der Jahre, der Lebenssituation, des Körpers - das ist eine intensive Auseinandersetzung. Diese Auseinandersetzung findet auch in den Träumen statt. Unser Unbewusstes versucht uns zu sagen, was uns den Schlaf raubt. Oft finden Menschen über Träume ja auch Lösungen. Die Aufzeichnungen können dabei helfen. Wichtig ist in dieser Lebensphase, besonders gut auf sich zu schauen, so wenig Stress wie möglich zu haben, auch wenn das oft nur schwer machbar ist. (Jutta Berger, DER STANDARD, 4.3.2014)