Wien - Laut einer Studie der Arbeiterkammer herrscht aus Sicht vieler Eltern Nachholbedarf in Sachen Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung. So wünscht sich jede/r Dritte ein ganztägiges Kinderbetreuungsangebot, aber nur acht Prozent der Befragten haben so eines. Der derzeit wahlkämpfende AK-Präsident Rudolf Kaske forderte am Montag u.a. einen Rechtsanspruch auf Elternteilzeit für alle Beschäftigten.

"Einhalb-Verdiener-Modell" am häufigsten

570 Beschäftigte aus der Privatwirtschaft aus ganz Österreich mit zumindest einem Kind unter zwölf Jahren im selben Haushalt wurden für die Studie der L&R Sozialforschung zwischen Juni und Oktober des Vorjahres telefonisch befragt. Mehr als drei Viertel der Befragten aus Paarhaushalten gaben dabei an, dass auch der/die PartnerIn erwerbstätig ist - am häufigsten (71 Prozent) kommt da das so sogenannte Einhalb-Verdiener-Modell vor, wobei in der Regel die Frauen Teilzeit arbeiten, wie Ingrid Moritz von der AK bei einer Pressekonferenz erklärte.

Ein Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage ergab die Studie bei der institutionellen Ganztagsbetreuung: Mehr als jeder Dritte (38 Prozent) wünscht sich ein ganztägiges Angebot, aber nur acht Prozent der Befragten haben tatsächlich eine institutionelle Ganztagsbetreuung für ihr Kind. Ein Problem sind demnach auch nach wie vor die Ferien: Gut jeder vierte Haushalt musste Urlaubstage zur Überbrückung von Betreuungslücken nehmen, was wiederum für etwa die Hälfte im Betrieb schwierig gewesen sei.

Die Familienfreundlichkeit der Arbeitszeit wird von 43 Prozent der StudienteilnehmerInnen als sehr positiv wahrgenommen. Laut Moritz arbeiten vor allem Männer sehr lange - fast die Hälfte der Vollzeitbeschäftigten leistet regelmäßig Überstunden. Der Großteil der Männer hält eine Arbeitszeitreduktion nicht für möglich, aus finanziellen oder betrieblichen Gründen.

Relativ weit verbreitet sind laut der Studie außerdem nicht-klassische Arbeitszeitlagen, also außerhalb von Montag bis Freitag von 8.00 bis 17.00 Uhr. Allerdings herrsche - abhängig etwa von der Branche oder der Betriebsgröße - durchaus eine gewisse flexible Zeiteinteilung, so Moritz. Informationsdefizite ortet die AK bei der Elternteilzeit, aus der Beratung wisse man auch, dass manche Arbeitgeber hier Schwierigkeiten machen.

Unternehmen nicht untätig

Ganz untätig sind die Betriebe aber nicht, wie auch die Studie einräumt: Jeder Fünfte gab an, dass es im Unternehmen spezifische Fördermaßnahmen zur Unterstützung der Vereinbarkeit gibt. Die Frage, ob die Vereinbarkeit im Betrieb ernst genommen wird, sei aber nur von 53 Prozent als sehr zufriedenstellend beantwortet worden.

Politik und Arbeitgeber seien gefordert, "bessere Rahmenbedingungen" zu schaffen, resümierte Kaske. "Die Betriebe müssen familienfreundlicher werden", insbesondere was die Arbeitszeiten betreffe. Gefordert wurde von Kaske etwa ein Ausbau von Kinderbetreuung und Ganztagsschulen, um Vollzeitarbeit zu ermöglichen - die entsprechende Vereinbarung mit den Ländern müsse nun rasch abgeschlossen und umgesetzt werden. Weiters brauche es einen Rechtsanspruch auf Elternteilzeit auch in Betrieben mit weniger als 21 ArbeitnehmerInnen.

Um die Väterbeteiligung zu erhöhen, pochte Kaske einerseits auf die Einführung eines Papa-Monats, andererseits wünscht er sich mehr finanzielle Anreize im Zuge des geplanten Kindergeldkontos. So gebe es in Schweden beispielsweise einen Bonus für jene, die sich die Elternzeit gleichwertig untereinander aufteilen.

Grüne: Rechtsanspruch auf Krippenplatz ab 1. Geburtstag

Die Grünen sehen durch die Studienergebnisse ihre familienpolitischen Forderungen bestätigt. "Der Ausbau von qualitativ hochwertigen Krippen, Kindergärten und Nachmittagsbetreuung muss absolute Priorität haben. Wir fordern einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz ab dem 1. Geburtstag. Denn diese Zahlen zeigen deutlich: Nicht jede Teilzeitbeschäftigung, vor allem von Frauen, ist selbstgewählt. Viele Frauen würden gerne mehr arbeiten und scheitern an fehlenden Plätzen, unzureichenden Öffnungszeiten oder unglaublich vielen Schließtagen", so die Grüne Frauensprecherin Daniela Musiol in einer Aussendung. (APA/red, dieStandard.at, 3.3.2014)