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Orthodoxe demonstrieren gegen die Ausweitung der Wehrpflicht.

 

Foto: EPA/ABIR SULTAN

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Bisher können strenggläubige Juden den Wehrdienst verweigern.

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Offiziell war es keine Demonstration, sondern ein Massengebet, das die Wehrpflicht abwenden sollte. Aus ganz Israel waren am Sonntag strengreligiöse Männer, Frauen und Kinder nach Jerusalem geströmt, um gegen ein geplantes Gesetz zu protestieren, mit dem die Regierung eine "Gleichverteilung der Last" des Militärdienstes herbeiführen will. Die Polizei hatte sich auf eine halbe Million Demonstranten eingestellt; schließlich waren es mehr als 300.000, die weite Straßenzüge an der Westeinfahrt von Jerusalem überschwemmten.

Trotz der gewaltigen Teilnehmerzahl verlief die Kundgebung ruhig und geordnet, während die Sprüche ein scharfes Signal aussandten. "Die israelische Regierung verfolgt die orthodoxen Juden - das bedeutet Ausrottung" und "Macht euch bereit zum zivilen Ungehorsam", stand auf den Bannern. Über die Lautsprecher kam eine kompromisslose Botschaft: "Die Versammlung ruft die Jeschiwa-Schüler auf, auf keinen Fall in die Armee einzutreten und keinen Verlockungen oder Strafen nachzugeben."

Umstrittener Stufenplan

Bisher wurden junge Männer, die in einer Religionshochschule (Jeschiwa) eingeschrieben sind, nicht eingezogen. Der Entwurf sieht vor, dass bis 2017 graduell immer mehr Strengreligiöse den Stellungsbefehl bekommen und am Schluss nur wenige Hochbegabte freigestellt werden. Besondere Empörung herrschte über die Androhung von Gefängnisstrafen.

Kritiker vom anderen Ende des Spektrums beanstanden, dass auch die Neuregelung keine "Gleichverteilung" bringe, weil die Strengreligiösen weiterhin bevorzugt behandelt würden. Laut Finanzminister Yair Lapid, dem Vorkämpfer der Gleichverteilung, hat die Demonstration sich durch ihre Größe selbst widerlegt: "Jeder Bürger, der das gesehen hat, sagt sich, es kann wirklich nicht sein, dass eine so große Gruppe nicht zur Armee geht und nicht in den Arbeitsmarkt eintritt."

Und ironischen Kommentaren zufolge wurde durch die perfekte Organisation und Disziplin letztlich bewiesen, dass die Strengreligiösen ausgezeichnete Soldaten abgeben würden. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, 4.3.2014)