Ausgerechnet der als konservativ geltende Tiroler Andrä Rupprechter, der seinen Angelobungsschwur als Landwirtschaftsminister "vor dem Heiligen Herzen Jesu Christi" leistete, outet sich als liberaler Vordenker seiner Partei, der ÖVP. Er kann sich ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare vorstellen. Familie ist, wo man aufeinander schaut, wo Kinder sich wohlfühlen. Das ist auch pragmatisch und lebensnah gedacht.

"Werte hochhalten" lautet das Motto

Die ÖVP mag allerdings nicht nachdenken. Das sei kein Thema, heißt es dazu kategorisch aus der Parteizentrale, wo wieder ein sehr konservativer Zugang zu den Themen des Lebens vorgeschrieben wurde. Statt einer Öffnung wird die ideologische Einengung zelebriert. Das mag die Unverwechselbarkeit der Volkspartei stärken, gerät aber immer mehr zu einem Minderheitsprogramm. Dass liberal gesinnte und in ihrer Weltanschauung kreativ denkende Bürgerliche sich abwenden, scheint man in der ÖVP bewusst in Kauf zu nehmen. "Werte hochhalten" lautet das Motto.

Dass diese Werte auf die Lebensrealität vieler Menschen nicht passen, dass diese Werte auch diskriminierend gegenüber anders denkenden und anders lebenden Menschen sein können, nimmt man mit katholischer Überheblichkeit hin. Über die Anpassung der Rechte gleichgeschlechtlicher Paare mag man in der ÖVP nicht einmal reden. Dort gilt Vater, Mutter, Kind. Weil's immer schon so war. Auch wenn es längst nicht mehr so ist. (Michael Völker, DER STANDARD, 3.3.2014)