Klassische Unternehmen nutzen nur Aspekte ihrer Mitarbeiter. Mit ihren freien Ressourcen, Talenten, bilden die Leute außerhalb ihrer "Jobs" Peers, freie Produktionsplattformen (meist im Netz), schreiben Codes, bringen Innovationen in die Welt. Das nützen Unternehmen mittlerweile auch gekonnt, um an Innovationen zu kommen, um ihre Leute wieder "reinzuholen", um ad hoc Leistungen aus der Peer abzurufen. Strenge Hierarchie komme mit Innovation, mit den hohen Ausfallsraten im Prozess, ja nicht klar, sagt Organisationsforscher Ayad Al-Ani (Hertie School of Governance).
Seine These aufgrund dieser Entwicklungen: Die klassische Hierarchie in Unternehmen ist am Ende. Klassisch im Sinne von "command & control", im Sinne von klar abgegrenzten Kontrakten zwischen Arbeitnehmern und ihren Chefs, die in alleiniger Gestaltungsmacht steuern. Betroffen von dieser quasi erzwungenen Öffnung unternehmerischer Hierarchien seien alle - auch die Hochschulen mit der massiven Zunahme der Online-Verfügbarkeit klassischen Hochschulwissens. Darin läge auch Social Impact - Raum für soziale Innovationen, so Al-Ani. Maßgebliche Sozialleistungen könnten auch von Peers erbracht werden, Bildung werde verfügbarer. Aber: Der Druck, in diesen Systemen auch relevant zu sein, werde für Individuen immer höher.
Strukturen noch nicht angepasst
Unternehmen seien derzeit in einer Experimentierphase - ihre Strukturen sind noch nicht wirklich an die neue Öffnung angepasst. Künftig werden Führungskräfte indirekter agieren, direkte Zugriffe seien so nicht mehr möglich. Generisches Management wird nicht mehr funktionieren, so Al-Ani.
Als Megatrend bezeichnet Thomas Lutz, Kommunikationschef von Microsoft in Österreich, Crowdsourcing und Open Innovation. Er sieht derzeit aber eine weite Spannung zwischen stark konkurrenzorientierter Job-Cloud, in der der Beste, Schnellste, am akutesten Gebrauchte kurz gewinnt, und einer Loyalität, dem Bedürfnis, zugehörig zu sein. Dazwischen finde laterales Arbeiten und Lernen statt - das sei auch ein Ausgangspunkt für die viel bestaunten Büros gewesen, die mit ihren Loungen, Rutschen, Themenräumen, mittlerweile als ein Vorbild von "New Work" gelten. Für Führung heiße das: klare "rules of engagement". Und die Hierarchie? Matrix statt "Wasserfall" - Hierarchien verschwinden nicht, so Lutz, werden aber anders gelebt. Aufstieg als Lohn gebe es ja auch noch immer. Aber durch Einsatz von Social Media habe sich der Umgang miteinander "verflacht". Die junge Generation wähle auch, wer sie führen darf. "Vor 15 Jahren undenkbar." Hierarchie sei für Letztentscheidung wesentlich, nicht für Zusammenarbeit. Sein Stichwort im Prozess: "Situativer Führungsstil." Optimal sei eine Führungskraft, ein Coach mit Dienstleistungshaltung.
Wohin haben Peers Hyatt schon getrieben? Monique Dekker, international erfahrene Generaldirektorin des neuen Hyatt in Wien (eröffnet im Juni), spricht von neuer Umgangsqualität mit Gästen und miteinander im Hotel. Ganze Innovation-Teams bei Hyatt in Chicago seien mit Innovations- und Transformationsfragen beschäftigt. Das "Bett neu zu erfinden" sei nicht der Punkt, sondern den Gast "zum iInsider" zu machen.
Marius Donhauser, Nachfolger im Hotel Salzburger Hof, hat angesichts der neuen Zeiten eine (mittlerweile international erfolgreiche) Abzweigung in die unternehmerische Innovation gemacht: Seine Software Hotelkit ermöglich auf interner Plattform Wissenstransfer, Selbstorganisation, Teilhabe aller Hotelmitarbeiter. Ein neues Miteinander, wie er sagt - nein, nicht nur virtueller Führung und auch nicht ohne jede Hierarchie. (red, DER STANDARD, 1./2.03.2014)