Aufgeweckt: Schröder mit dem Feldhasen von Dürer.

Foto: Corn

Das berühmteste Langohr der Kunstgeschichte ruhte – bis auf den Umzug in sein neues Sicherheitsbettchen – seit 2005.

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Wien - Auch wenn sich die Gerüchte hartnäckig halten: Das Tier mit den langen Löffeln und flauschigem Winterpelz ist keine als Hase getarnte Katze. Dürers frühe Meisterzeichnung von 1502 zeigt einen Feldhasen. Den Ruhm des berühmtesten Hasen der Kunstgeschichte verdankt sich allerdings weniger dem Charme des Mümmlers, sondern der Tatsache, dass es sich hier nicht um eine vorbereitende Studie zu einem Gemälde handelt: Die Zeichnung ist ein autonomes Blatt.

Nun wird der Wiener liebstes Albertina-Tier nach elf Jahren wieder zu sehen sein - in der Ausstellung Die Gründung der Albertina (ab 14. März). Seit den Streitigkeiten 2005 um die anfangs nicht genehmigte Ausfuhr des Kulturguts, als der kostbare Hase im Prado in Madrid zu sehen war und dann weiter nach Washington ziehen sollte, wurde dem Hasen Ruhe und Reiseverbot erteilt.

Inzwischen schlummert er in guter Nachbarschaft: Seite an Seite mit den saftigen Gräsern des Rasenstücks und Meisterzeichnungen von Michelangelo. Denn nach dem Wassereinbruch 2009, der Fragezeichen zur schnellen Bergung der Kunstschätze aus dem automatisierten Depot aufgeworfen hatte, wurden die 2000 wertvollsten Blätter der Sammlungen umgebettet. Bei einem exklusiven Ausflug tief unter die Albertina und hinter drei komplexe Sicherheitsschleusen durfte der Standard einen Blick auf den Hasen werfen.

"Das erste Kriterium ist die Evakuierung, das zweite das Risikosplitting", erklärt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder die Maßnahmen. Als man 2009 warnte, eine halbe Million Kunstwerke seien gefährdet, habe er gesagt: "Holt mir den Hasen raus!" Damals verhinderte der Roboter wegen Kurzschlusses den Dienst. Und das "chaotische System", das aus Sicherheitsgründen etwa Schieles Erlösung neben einem Karton der französischen Schule parkt, machte auch händisches Evakuieren unmöglich. So schwer es auch sei einzubrechen, im Notfall ist die Sicherung von Dürer-Werken eine Sache von Minuten.

Nun trennen diese Kostbarkeiten noch mehr Betonschichten von der Erdoberfläche; die Decke auf Basteiebene ist bombensicher. Um allein die erste Schwelle zu durchbrechen, brauchte man mindestens zehn Minuten: Das reicht, damit die Polizei vor der Türe steht. Der Rahmen ist mit Stahl gestärkt. Wolle man den Dürer aus der Ausstellung stehlen, müsste man ihn mit immenser Gewalt aus der Verankerung reißen. Einbruch und Diebstahl: chancenlos. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 27.2.2014)