Werner Kogler ist der prominenteste (und fast der einzige) Mandatar bei den Grünen mit einer Ahnung von und einem Gefühl für Wirtschaft. Vielleicht wird er einmal Minister. Heute kritisiert er (unter anderem in einem STANDARD-Streitgespräch) die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria im Dezember 2009.

Er sollte sich aber folgende Situation vorstellen: Er ist Finanzminister. Die ausländischen Eigentümer einer österreichischen Bank kommen plötzlich (oder weniger plötzlich) daher und sagen: Das Institut, das uns euer Provinzhäuptling und Volkstribun da verkauft hat, ist praktisch pleite, wir haben zwar kräftig daran mitgewirkt, aber jetzt wollen wir nicht mehr. Wir lassen die Bank in Konkurs gehen.

Die Rahmenbedingungen sind aber zum Fürchten: Etwas mehr als ein Jahr vorher ist die internationale Finanzkrise voll ausgebrochen, und sie dauert noch an. Regierungen und Notenbanken in den USA und Europa pumpten Unsummen in Banken, um einen weltweiten Crash zu vermeiden. Die deutsche Kanzlerin und ihr sozialdemokratischer Finanzminister stellten sich hin und erklärten eine Garantie für alle Spareinlagen (sie taten dies auf Flehen des Chefs der Deutschen Bank, der einen Massenansturm der Sparer befürchtete).

Das österreichische Provinzinstitut, um das es jetzt geht, hat Einlagen und Geschäftsbeziehungen mit zahlreichen südosteuropäischen Banken, die womöglich in die Pleite mitgerissen würden. Das ist auch mit ein Grund, warum der gottsöberste Finanzfunktionär Europas, der Chef der EZB, Jean-Claude Trichet, mitten in der hektischen Verhandlungsnacht anruft und die österreichischen Offiziellen beschwört, die Bank nicht pleitegehen zu lassen. Das würde zu einem Dominoeffekt führen. Der Vertreter der Finanzaufsicht sagt, wenn die Bank nicht bis Montag verstaatlicht oder sonst wie kapitalisiert wird, muss er Insolvenz beantragen.

Wie würde ein Werner Kogler in einer solchen Situation wohl reagieren? Natürlich könnte er hasardieren. Im STANDARD-Gespräch stellt er in den Raum, der damalige Finanzminister Josef Pröll hätte die Lösung des Problems Hypo Alpe Adria "einfach den Bayern überlassen" können. Er stellt auch die Frage, wodurch Pröll denn "erpressbar" gewesen sei. Das unterstellt, Pröll mit seinen engen Verbindungen zum Raiffeisensektor habe diesem Verluste ersparen wollen (weil Raiffeisen Anteile an anderen Hypos besitzt und die in einen Haftungsverbund hineingezogen worden wären). Kogler meint auch: "Nur weil die Feuerwehr fährt, muss nicht alles brennen ..."

Vielleicht war die Krise gar nicht so arg (äußerst unwahrscheinlich). Wenn das Hasard aber schiefgegangen wäre, hätte das wohl böse Folgen für die Reputation der österreichischen Banken und die Bonität der Republik gehabt.

Vielleicht hat Josef Pröll schlecht verhandelt, vielleicht hatte er im Hinterkopf, Raiffeisen ein paar Dutzend Millionen ersparen zu wollen, vielleicht waren die Chefs der EZB und der Nationalbank von falscher Panik erfüllt - aber ob Kogler an der Stelle von Pröll damals wirklich alles riskiert hätte? Riskieren hätte dürfen? (Hans Rauscher, DER STANDARD, 26.2.2014)