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Uncle Sam verkörpert den American Dream, der aber nur selten Realität wird.

Foto: Reuters/Bourg

Der "American Dream" ist so etwas wie der Kitt, der die amerikanische Gesellschaft zusammenhält. Wer hart arbeitet, schafft es nach oben, so die Idee. Doch der Kitt bröckelt. Studien zeigen schon lange, dass Kinder ärmerer Eltern in den USA viel öfter arm bleiben als etwa in Europa. Das kommt nun auch in der Bevölkerung an, wie eine Gallup-Studie aus dem Herbst des Vorjahres zeigt. Demnach waren 1997 noch 81 Prozent der Amerikaner der Meinung, dass es für den Durchschnittsbürger viele Aufstiegschancen gibt - 2013 lag die Zahl bei nur mehr 52 Prozent.

Zwar zeigt eine aktuelle Studie von fünf Ökonomen der Unis Harvard und Berkeley, dass die Chancengleichheit in den USA in den letzten Jahrzehnten nicht gesunken ist, wie das vorher allgemein angenommen wurde. Dass sie aber im Vergleich zu Europa sehr niedrig ist, bestätigt auch diese Studie, die die größte ist, die zum Thema soziale Mobilität bisher durchgeführt wurde. Für Yale-Professor Daniel Markovits, der zu dem Thema gerade ein Buch schreibt, steht fest: Auch wenn die Chancengleichheit nicht sinkt, wird sie immer wichtiger. "Wenn die Stufen der Leiter weiter auseinandergehen, muss es einfacher sein, nach oben zu klettern", sagt er im Gespräch mit dem Standard. "Je größer die Ungleichheit, desto wichtiger sind die Aufstiegschancen."

Kaum Aufstiegschancen

Der amerikanische Traum ist für Markovits aber nicht tot. So sei es in den USA einfacher, ganz nach oben zu kommen. Obama, Sohn einer Alleinerzieherin, sei das beste Beispiel. Der deutsche Historiker Manfred Berg sieht das ähnlich: Der klassische Einwanderertraum lebe weiter, es gebe weiter Chancen für viele, ihr Leben zu verbessern. Für den durchschnittlichen Amerikaner seien die Aufstiegschancen trotzdem gering. OECD-Zahlen zeigen, dass vor allem im unteren Einkommensbereich die Aufstiegschancen im Vergleich sehr klein sind. "Der ,American Dream' gehört zum Selbstverständnis der USA. Er ist resistent gegenüber Zahlen und Fakten", so Berg, Professor für Amerikanische Geschichte an der Uni Heidelberg.

Erin Currier, Direktorin des Economic Mobility Project der US-NGO Pew, meint: Absolut gehe es den meisten Amerikanern besser als ihren Eltern. Relativ gesehen seien die Chancen für den Aufstieg aber klein. Das widerspreche dem "Traum". Um ihn der Realität anzupassen, empfiehlt Currier Investitionen in Bildung, Frühförderung für Kinder und Nachbarschaftspolitik. In den USA sei der Wohnraum zu sehr in soziale Schichten aufgespalten, so Currier, vor allem in Schwarze und Weiße.

Yale-Professor Daniel Markovits pflichtet ihr bei, er fordert massive Investitionen in öffentliche Schulen. Nirgendwo ist die Kluft zwischen Kindern von besser gebildeten und schlechter gebildeten Eltern so groß wie in den USA, bestätigt erst ein im November des Vorjahres veröffentlichter Bericht der OECD.

Aufschlüsse darüber, wie man die Chancengleichheit erhöhen könnte, gibt auch die Studie der Harvard- und Berkeley-Ökonomen. So sind die Chancen in den USA vor allem dort gleicher verteilt, wo der Wohnraum durchmischter, die Einkommensunterschiede kleiner und die Grundschulen besser sind. (Andreas Sator, DER STANDARD, 26.2.2014)