Alexios I. Komnenos, Kaiser von Byzanz im 11. und 12. Jahrhundert, herrschte auch über langhaarige Jugendliche.

Schon der junge Stadtmensch im mittelalterlichen Byzanz gab sich extravagant: "Mit besonders modischen Accessoires wie langen Haaren oder bestimmten Farben, die sie einer politischen Partei zuordneten, grenzten sich Gruppen von Jugendlichen sowohl vom Status als Kind als auch von den Erwachsenen ab", schildert Johannes Koder vom Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Uni Wien. Dass das junge Erwachsenenalter sehr wohl als Lebensphase anerkannt war, ist eines der Ergebnisse seines vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Projekts, das kürzlich am Symposium Coming Of Age - Adolescence and Society in Medieval Byzantium vorgestellt wurde.

In Rechtsbüchern, medizinischen Texten und Heiligenviten aus der 1000-jährigen Geschichte des Byzantinischen Reichs, das mit der Eroberung Konstantinopels im Jahr 1453 durch die Osmanen ein Ende fand, komme die Jugend als Entwicklungsphase vor. Der Übergang zum Erwachsenen erfolgte trotz einer Lebenserwartung von nur 35 bis 38 Jahren erst im Alter von 20 bis 25 Jahren, sagt Koder, der den Stellenwert der Adoleszenz im Byzantinischen Reich mit seiner Kollegin Despina Ariantzi untersucht. "Ein Ritual, das den Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen feiert, wie es bei den Katholiken etwa die Firmung ist, gab es in Byzanz allerdings nicht."

Formal war man mit etwa 20 Jahren volljährig, für den Alltag musste das aber nicht viel heißen. Auch eine Heirat garantierte keine Unabhängigkeit. Obwohl sie vor dem Gesetz in vielen Dingen Männern gleichgestellt waren, wurden vor allem Frauen bloß in die Obhut der anderen Familie übergeben. Eine Möglichkeit, sich vom Elternhaus zu trennen, war der Eintritt ins Kloster, wo etwa zehn Prozent der Byzantiner lebten. In der Hauptstadt Konstantinopel boten sich mehr Perspektiven: Eine Beamtenkarriere bedeutete auch den Schritt in Richtung Selbstständigkeit.

Einblicke in die Mentalität der Byzantiner erlaubt auch ein weiteres, ebenfalls vom FWF gefördertes Projekt am Institut, das sich mit dem Umgang der Ironie befasst. Das spielerische Element diente nur vordergründig der Erheiterung, erläutert Projektleiterin Claudia Rapp. "Tatsächlich benutzten die Autoren rhetorische Stilmittel, um subversive Effekte wie Ironie zu erzeugen und damit auf versteckte Weise kritische Meinungen zu äußern." Werke byzantinischer Geschichtsschreiber in der Blütezeit des elften und zwölften Jahrhunderts sollen einer Untersuchung unterzogen werden, um Absichten der Autoren und Wirkung auf das Publikum nachzuspüren. (APA, pum, DER STANDARD, 26.2.2014)