Im Globalen Hof in Wien-Liesing  haben alle Bewohner Zugang zu einem gemeinschaftlichen Flecken Grün.

Foto: Matthias Cremer

Hausbetreuer Ahmadschah Akramai ...

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und Hausverwalter Andreas Zangerl wünschen sich mehr Integrations-Wohnprojekte.

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"Am Anfang wollten die Leute vom Wohnpark Alt-Erlaa nicht einmal, dass wir zu ihnen Einkaufen gehen", sagt Ahmadschah Akrami. Seit knapp 14 Jahren wohnt und arbeitet Akrami als Hausbetreuer im Integrations-Wohnprojekt Globaler Hof der Sozialbau AG in Liesing. Das Wohnhaus befindet sich gegenüber des Wohnparks Alt-Erlaa. Dieser ist mit rund 10.000 Bewohnern eine der größten Wohnanlagen Österreichs.

Vis a vis im Globalen Hof in der Anton Baumgartnerstraße 129 leben in 140 geförderten Wohnungen rund 300 Menschen. Das Besondere daran: Sie kommen aus 18 Nationen und bilden eine internationale Hausgemeinschaft. Der Baugrund wurde ausgesucht, weil es im 23. Bezirk einen niedrigen Ausländeranteil gibt. "Wir wollten eine Durchmischung erreichen", sagt Andreas Zangerl von der Sozialbau AG, größter privater Hausverwalter in Österreich. Das Ziel, 50 Prozent Österreicher und 50 Prozent Migranten in dem Wohnhaus unterzubringen, sei im Moment nahezu erreicht.

Ein Wohnhaus wie jedes andere

Die Idee, Einheimische mit Migranten in einer Wohnanlange zusammenzubringen, stieß am Anfang aber nicht überall auf Begeisterung. "Es gab es eine große Skepsis gegenüber dem Projekt. Vor allem von bestimmten Parteien", sagt Zangerl. Doch diese erwies sich im Laufe der Jahre als unbegründet. "Natürlich gibt es da und dort zwischenmenschliche Probleme. Im Prinzip ist der Globale Hof aber ein Wohnhaus wie jedes andere auch", sagt Zangerl.

Der Globale Hof sei sogar eine der ruhigsten Wohnanlagen der Sozialbau AG. Dass das Zusammenleben dort so reibungslos funktioniert, ist auch dem Hausbetreuer Ahmadschah Akrami zu verdanken. Er kümmert sich seit der Eröffnung des Globalen Hofs im Früjahr 2000 um die Anliegen der Hausbewohner. "Ich bin rund um die Uhr erreichbar und die Leute kommen sowohl mit technischen als auch privaten Problemen zu mir", berichtet Akrami. Er selbst kommt aus Afghanistan und ist eigentlich studierter Chemiker. Eine Ausbildung zum Mediator hat er bald ebenfalls abgeschlossen. Akrami ist für den Globalen Hof ein "Glücksfall", weil er sich zu hundert Prozent mit dem Projekt identifiziert, erklärt Zangerl.

Orte der Begegnung

Dass das Konzept der interethnischen Nachbarschaft, also das Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen im Globalen Hof so gut funktioniert, ist auch der speziellen Architektur des Wohnhauses geschuldet. Diese ist darauf ausgelegt, die Kommunikation zwischen den Bewohnern zu fördern. "Wir haben so viele Gemeinschaftsflächen wie möglich geschaffen", erläutert Zangerl. Jeder Bewohner hat Zugang zu überdachten Gemeinschaftloggien oder begrünten Dachgärten. Zäune gibt es keine. Im Sommer wird gemeinsam gegrillt oder Gartenarbeit erledigt.

Ein weiterer Treffpunkt im Haus ist die Waschküche. Von dieser aus hat man durch große Glasfenster einen Überblick auf den begrünten Innenhof mit Spielplatz. Während sich die Eltern um die Wäsche kümmern, haben sie so immer ein Auge auf ihre Kinder. Bei den Bewohnern ebenfalls beliebt ist der 209 Quadratmeter große Wellness-Bereich mit Dampfad, Sauna und Sitzbecken. Akrami und Zangerl sind überzeugt, dass Projekte wie der Globale Hof einen wesentlich Beitrag zur Integration leisten. "Bei uns gibt es keine Diskussion woher man kommt. Die Menschen begegnen einander mit viel weniger Voruteilen", sagt Akrami.

Lohnender Aufwand

Im zehnten Bezirk in der Kollmanngasse und im Norbahnhofviertel im zweiten Bezirk wurden nach Vorbild des Globalen Hofs Nachfolgeprojekte realisiert. Die Planung solcher Projekte sei laut Zangerl aber zeitintensiv. Schon während der Bauphase gab es mit Wohnbewerbern des Globalen Hofs Kennenlerntreffen. In den ersten Monaten stand den Mietern ein mehrsprachiges Team zur Seite. Doch der Aufwand hat sich gelohnt: Im Jahr 2009 wurde das Projekt mit dem Wiener Wohnbaupreis ausgezeichnet. Im Moment gibt es im Globalen Hof keine freie Wohnung. Die Fluktuation ist mit der in anderen Bauten vergleichbar, sagt Zangerl.

Die Pensionistin Margit Saller ist Globale-Hof-Bewohnerin der ersten Stunde. Als Studentin habe sie eine Zeitlang mit Menschen unterschiedlicher Kulturen zusamengelebt und sich deswegen für eine Wohnung im Globalen Hof entschiedene. "Das ist mein Dorf und ich möchte nicht mehr ausziehen", sagt Saller. Neben den Gesprächen mit den anderen Bewohnern schätzt sie vor allem die Speisen aus anderen Ländern, die bei Festen des hauseigenen Vereins "Miteinand", serviert werden. Zu diesen werden auch die Nachbarn vom Wohnpark Alt-Erlaa eingeladen. Sie kommen dann über die Fußgängerbrücke, die die beiden Wohnanlagen mittlerweile verbindet. (Elisabeth Mittendorfer, DER STANDARD, 26.2.2014)