Jan Krainer (SPÖ) gibt Werner Kogler (Grüne) einen Korb: "Ich habe keine Lust, einem wie Ihnen, der mit der Keule herumläuft, das Skalpell zu geben."

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STANDARD: Die Hypo Alpe Adria ist - da sind sich alle von rechts bis links einig - ein Desaster. Welchen Anteil hat die Regierung daran?

Kogler: Den roten und schwarzen Begleitschutz für das durchgeknallte Haidersystem in Kärnten einmal ausgeblendet, hat sich die Bundesregierung einen dreifachen Sündenfall geleistet. Der erste: Obwohl die Hypo im Besitz der bayrischen Landesbank war, hat die Koalition 2008 bereits 900 Millionen Euro an Steuergeld als Partizipationskapital hineingepumpt - weil die Nationalbank der Hypo einen halbwegs gesunden Zustand bescheinigt hat. Dieses Lebendtestat für eine tote Kuh hätte es niemals gegeben, hätte die Regierung nicht Druck ausgeübt.

STANDARD: Warum sollte die Regierung so etwas tun?

Kogler: Da mag es durchaus hehre Motive gegeben haben. Kurz nach Ausbruch der Finanzkrise gab es noch keinen Masterplan. Das Partizipationskapital sollte die Banken erst einmal stärken. Nur: Die EU-Kommission hatte klipp und klar vorgegeben, dass nur halbwegs lebensfähige Banken gestützt werden sollen - und das war die Hypo nicht.

Krainer: Ihre Vorwürfe sind durch nichts belegt.

Kogler: Wir kennen den E-Mail-Verkehr aus der Notenbank.

Krainer: Aus dem nichts dergleichen hervorgeht. Die Notenbank hat die Hypo durchleuchtet, so gut das in kurzer Zeit ging, und den Eigentümern klargemacht, dass sie Eigenkapital nachschießen müssen. Als dies mit 700 Millionen geschah, kam die Notenbank zum Urteil "not distressed": nicht tot, aber auch nicht gesund.

Kogler: Die Mails zeigen, dass die Notenbanker Stress hatten, die Hypo als halbwegs überlebensfähig darzustellen. Am Ende mussten die heimischen Steuerzahler für etwas Kaputtes blechen, das als gesund dargestellt wurde, statt es einfach den Bayern zu überlassen, was sie mit ihrer Hypo tun.

Krainer: Der wahre Sündenfall ist doch früher passiert: als Kärnten die Haftungen für die Hypo eingegangen ist. Dadurch musste Österreich letztlich einspringen.

STANDARD: Es kam dann zur Notverstaatlichung.

Kogler: Die der zweite Sündenfall war, weil fast alle Vorteile bei den Bayern und alle Nachteile bei den Österreichern liegen. Ich frage mich, womit der damalige Finanzminister Josef Pröll erpressbar war - dass er einfach nur so schlecht verhandelt hat, ist kaum zu glauben. Wenn EU-Kommission und Europäische Zentralbank schon so großen Druck ausgeübt haben, dass der Staat die Bank auffangen muss, dann hätte man mit Bayern und der Bundesrepublik zumindest halbe-halbe machen können. Meines Erachtens war die Verstaatlichung überhaupt unnötig, schließlich lag die Verantwortung beim Eigentümer.

Krainer: Die Bayern hatten sich doch von der Verantwortung für die Bank verabschiedet, wollten im Gegensatz zu 2008 kein Kapital mehr nachschießen. Ohne die Verstaatlichung hätte es die Insolvenz gegeben: Ein Beamter der Finanzmarktaufsicht stand schon leibhaftig vor der Tür, um die Bank unter Kuratel zu stellen.

Kogler: Nur weil die Feuerwehr fährt, muss nicht alles brennen.

STANDARD: Die Finanzwelt hat damals aber schon gebrannt. Hätte eine Hypo-Pleite nicht in einer Kettenreaktion Realwirtschaft und andere Banken mitreißen können?

Kogler: Die Bayern haben gar nicht an Pleite gedacht, weil sie das in der Krise ebenso wenig riskieren konnten wie Österreich. Wie sagte Hypo-Gutachter Fritz Kleinert? Die Bayern sind nach Wien gefahren, um die Ösis zu schrecken - und der Herr Krainer ist immer noch verschreckt. Die Regierung hätte mehr Mut gebraucht.

Krainer: Stilisieren Sie sich ruhig zum großen Finanzmarkt-Pokerspieler, ihre Art von Mut passt gut in ein Kasino. Fakt ist: Die Bayern haben beim damaligen Deal sehr wohl 3,6 Milliarden an Kapital verloren, über weitere 2,4 Milliarden wird noch gestritten. Aber natürlich hatte Österreich die schlechteren Karten, denn die Haftungen des Landes Kärnten können Sie nicht wegzaubern. Die picken an uns bis Herbst 2017.

Kogler: Die Bayern haben uns ein Zehn-Milliarden-Loch verkauft!

Krainer: Nein, die Bayern haben uns nicht von dem Wahnsinn befreit - aber umgehängt hat uns das alles die Kärntner FPÖ.

STANDARD: Dritter Vorwurf: Experten von Notenbank-Chef Ewald Nowotny abwärts sagen, die Regierung habe die Hypo-Lösung verschleppt - was teuer gekommen sei.

Krainer: Aber nur vorübergehend. Die Regierung musste vorerst mehr Geld auf den Tisch legen, als das bei einer schnelleren Bad-Bank-Lösung der Fall gewesen wäre. Am Ende des Tages jedoch sind alle Modelle in etwa gleich teuer. Es mag einen Unterschied von ein, zwei Prozent Unterschied geben - aber von Milliarden fantasiert nur der Herr Kogler.

Kogler: Langfristig ist es nicht eindeutig, welche Variante günstiger ist. Aber bei der Verschleppung durch die Regierung ist das Geld jetzt jedenfalls einmal weg - da bin ich lieber für die kurzfristig billigere Variante.

Krainer: Simma lieber kurzsichtig!

Kogler: Je eher die Bad Bank gekommen wäre, desto früher hätte man beginnen können, die gesunden Teile herauszuschälen.

Krainer: Das ist ja passiert! Man muss sich das so vorstellen: Da gibt es 50.000 Erdbeeren, und sie haben jede Einzelne untersucht: Ist sie gut, faul oder nur angedetscht? Es lässt sich halt nur im Nachhinein sagen, ob man einen Bankwert früher lukrativer hätte verkaufen können oder nicht.

STANDARD: Alle sagen, die Zeche darf nicht allein der gewöhnliche Steuerzahler berappen. Wer sonst?

Kogler: Abgesehen von den Alteigentümern auch die Gläubiger. Leicht wird das nicht, aber da gilt es eben, ein Argumentarium aufzubauen: Die Großinvestoren hätten schon vor Jahren wissen müssen, dass die Hypo keine seriöse Bank ist und Kärnten die Haftungen nie einlösen kann.

Krainer: Wenn das alles so einfach wäre, wäre das längst passiert. Ein Rechtsstreit nach einer Insolvenz kann aber auch mit dem Horrorszenario enden: Österreich zahlt die Gläubiger erst recht aus und dazu noch Milliarden an höheren Zinsen auf die Staatsschuld, weil der Ruf verspielt ist. Das alles ist hochspekulativ, niemand kann die Auswirkungen abschätzen.

Kogler: Die vom Bund besicherten Anleihen müssen anstandslos zurückgezahlt werden, um die Glaubwürdigkeit zu bewahren. Aber darüber hinaus könnte eine solche Lösung laut Experten den gegenteiligen Effekt haben. Seriöse Investoren würden lernen, dass wir nicht jeden Schrott auszahlen, den irgendeine verrückte Haiderbank ausgegeben hat.

STANDARD: Es gibt auch Fachleute, die das Gegenteil prophezeien: Österreich auf einer Stufe mit Zypern.

Krainer: In der Opposition redet es sich halt leicht. Da muss man hinterher nicht den Kopf hinhalten.

Kogler: Wir halten mehr den Kopf hin als der Bundeskanzler. Der taucht ja gar nirgends mehr auf.

STANDARD: Ein Untersuchungsausschuss wäre vielleicht eine Gelegenheit.

Krainer: So wie die Opposition die Debatte führt, mit Begriffen wie "Verbrecherbande" hintertreibt sie die HypoAbwicklung und richtet zulasten des Steuerzahlers Schaden an. All diese falschen Anschuldigungen: Ich habe keine Lust, einem wie Ihnen, der mit der Keule herumläuft, das Skalpell des U-Ausschusses in die Hand zu drücken. Ihre eigene Parteichefin sagt ja quasi selbst, dass nur sie den Vorsitz führen könne, weil alle anderen zu unseriös sind.

Kogler: Nur weil Sie hier im grünen Parlamentsklub zufällig gerade auf ihrem Sessel sitzen, brauchen Sie Eva Glawischnig nicht falsch zu interpretieren. Das Parlament hat die Budgethoheit - und muss deshalb auch einen Skandal untersuchen, der ein so großes Milliardenloch aufreißt. In jeder entwickelten parlamentarischen Demokratie muss das selbstverständlich sein. (Gerald John, DER STANDARD, 25.2.2014)