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Das bringt selbst den Lindwurm zum Brüllen: Das Desaster um die notverstaatlichte Hypo-Alpe-Adria-Bank hat viele Väter. Jörg Haider war einer davon. Kärnten profitierte, alle Steuerzahler müssen dafür bluten.

Foto: apa/Gerd Eggenberger

Die strafrechtlichen Verurteilungen in diversen Hypo-Prozessen summieren sich. Und schon beginnt am Landesgericht Klagenfurt das nächste Verfahren. Die notverstaatlichte Hypo-Alpe-Adria-Bank fordert von ihren Ex-Eigentümern und Ex-Managern 50 Millionen Sonderdividende zurück. Dieses Geld floss beim Hypo-Verkauf an die Bayern. Allein das Land Kärnten konnte so weitere 23,5 Millionen Euro zum Kaufpreis von 800 Millionen für seine Anteile einstreifen. In der ersten Verhandlung wurde bekannt, dass die Finanzprokuratur die Entlastung des Bank-Vorstands für die Bilanz 2007 wegen Sittenwidrigkeit, Arglistigkeit und Irrtus widerrufen hat.

"Kärnten ist reich", frohlockte Landeshauptmann Jörg Haider schon 2005, als das Land dank einer Wandelschuldanleihe 500 Mio. Euro in seine Sonderkasse, genannt "Zukunftsfonds", gespült bekam. Heute sei Kärnten "arm wie eine Kirchenmaus", konstatierte kürzlich ein SPÖ-Abgeordneter auf dem Sonderlandtag, der sich mit der heutigen De-facto-Pleite des Landes im Zuge der Hypo-Misere beschäftigen musste. Was der rote Mandatar allerdings verschwieg: Seine Partei war wohl mitbeteiligt gewesen, als sie damals in Koalition mit Haider die Geldschleusen der einstigen Landesbank geöffnet hatte. Eigentlich wollte man die Bank 2008 ja an die Börse bringen, doch Haider und sein damaliger roter Koalitionspartner Peter Ambrozy wollten das Geld sofort. Dass das Hypo-Management zu diesem Zeitpunkt schon 328 Millionen Euro bei Swap-Verlusten verzockt und damit die Bank in Schieflage gebracht hatte, war kein Thema. Der Swap-Skandal platzte erst 2006, der Börsengang kam deshalb nicht mehr zustande.

Doch es war wohl unbestritten Jörg Haider, der die einstige vor sich hin dümpelnde Landeshypothekenbank als sprudelnde Geldmaschine für seine sündteure Brot-und-Spiele-Politik entdeckt hatte. SPÖ und ÖVP, die später mit Haider koalierte, starrten gebannt auf den großen Zampano, der sich mehr traute als je ein Landesfürst zuvor. Je nach politischer Konstellation, Blau-Rot oder Blau/Orange-Schwarz, wurde Haiders Treiben mit der Hypo teils fasziniert, teils alarmiert verfolgt. Massiver Widerstand kam von den Grünen, doch es dauerte Jahre, bis man begann, die Hypo-Malversationen aufzuarbeiten: durch die Justiz und durch zwei U-Ausschüsse im Kärntner Landtag.

Haiders teure Projekte

Haider und Bankchef Wolfgang Kulterer einte ein gemeinsames Ziel: Beide wollten aus einer unbedeutenden Regionalbank einen ganz großen Player auf dem Balkan machen. Der eine aus Ehrgeiz, der andere, um seine teils größenwahnsinnige Politik in Kärnten finanzieren zu können. Schließlich kosteten Haiders Leuchtturmprojekte wie Wörthersee-Stadion, Seebühne, das Schlosshotel Velden oder der Seenankauf von Bawag und ÖGB viel Geld. Ebenso Haiders extra-Sozialleistungen wie Baby- und Müttergeld, Weihnachtshunderter, Jugendtausender, Schulstartgeld und so fort.

Wer sich Haider und Kulterer in den Weg stellte, wurde entfernt. So berichteten etwa die ehemaligen Kärntner VP-Chefs Reinhold Lexer und Georg Wurmitzer gegenüber dem Standard, dass sie auf Druck des VP-Kanzlers von Haiders Gnaden, Wolfgang Schüssel, gehen mussten, weil sie sich weigerten, Haiders Wünschen nach Ausweitung der Landeshaftungen bzw. der Begebung der Wandelschuldanleihe nachzukommen. Durch die Haftungen wurde das unkontrollierte Wachstum auf dem Balkan erst möglich. Für Kärnten fielen Haftungsprovisionen ab, die Haider als zusätzliches politisches Spielkapital einsetzen konnte. Je höher, desto besser, so die Devise.

Ein Blick auf die Zahlen belegt die monströse Entwicklung: 1994 lag die Bilanzsumme bei 2,18 Mrd. Euro. Von 2000 (Haider wurde 1999 wieder Landeshauptmann von Kärnten) bis 2008 explodierte sie auf gut 43 Mrd. Die Haftungen schwollen bis 2006 auf den Höchststand von 24,7 Mrd. an.

Selbst als der Bundesrechnungshof gravierende Mängel im Hypo-Risikomanagement aufdeckte und die EU Landeshaftungen verbot, ließen sich Haider und später auch seine Erben nicht aufhalten. 2004 beschloss die Kärntner Landesregierung (FPÖ, SPÖ und ÖVP) einstimmig die unbeschränkte Ausweitung der Landeshaftungen. Die Haftungshöhe wurde klammheimlich in den Rechnungsabschlüssen versteckt. SPÖ und ÖVP behaupten heute, von den Haftungsausweitungen nichts gewusst zu haben. Fakt ist, dass Haider vom Landtag ab 2005 keine Zustimmung zu den Landesbudgets mehr erhalten hat bzw. dann überhaupt nicht mehr darüber abgestimmt wurde. Die Haftungsprovisionen dagegen hat man in Kärnten gerne genommen. Von 2002 bis 2007 waren es 48 Mio. Danach ließ man sich das Geld bis 2010 auszahlen.

Dass Haider auch direkt bei seiner Hausbank zugriff, lässt sich etwa an der steirischen Fluglinie Styrian Spirit ablesen, die trotz absehbarer Pleite zwei Mio. Kredit auf Zuruf des Landeschefs erhielt. Ebenso musste die Hypo 600.000 Euro für Haiders Lieblingskulturprojekt, die Seebühne, lockermachen. Ins Schlosshotel Velden wurden erfolglos 120 Mio. investiert. Selbst Patrick Friesachers Rennsport-Ambitionen musste die Hypo vorfinanzieren.

Auch für die Kärntner Parteien öffnete die Hypo den Geldhahn generös. Kredite über 3,5 Mio. sollen an die Freiheitlichen geflossen sein, 1,2 Mio. an die SPÖ. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 25.2.2014)