Wimmer: "Stöger zeigt allen, dass sie wichtig für die Mannschaft und den Erfolg sind, auch Nummer 12-33 im Kader."

Foto: 1. FC Köln/Thomas Fähnrich

Es ist erstaunlich, wie ruhig Kevin Wimmer für sein junges Alter wirkt. Der 21-Jährige wählt seine Worte mit Bedacht, wenn er über seine Saison mit dem 1. FC Köln spricht. Dabei sind die Stationen seiner bisherigen Runde beeindruckend: erst den Stammplatz erkämpft,  dann das Länderspieldebüt und die Tor-Premiere für Köln, Herbstmeister, schließlich vom deutschen Fachmagazin Kicker als bester Innenverteidiger ausgezeichnet worden. In Köln ist der Österreicher zu einem herausragenden Zweitliga-Verteidiger gereift. Der ehemalige Linzer besitzt mit seiner Statur, seiner Technik und seiner Spieleröffnung das Potenzial, sich zu einem überdurchschnittlichen Bundesligaspieler zu entwickeln.

Im Sommer 2012 war Wimmer vom LASK nach Köln gewechselt. Seine Debütsaison geriet zu einer Bewährungsprobe, denn nach dem 12. Spieltag spielte Wimmer keine Minute mehr und riss sich zum Saisonende in einem Spiel für die Amateure zwei Außenbänder. Der Neo-Teamspieler im Gespräch mit Jörn Wenge über seinen Durchbruch beim FC, den Erfolgsfaktor Peter Stöger und wie er seinen Traum von der Bundesliga im extremen Medienumfeld von Köln verwirklichen will.

derStandard.at: Ihre Debütsaison in Köln war schwierig, Sie saßen monatelang nur auf der Bank oder der Tribüne. In dieser Runde haben Sie sich festgespielt. Woran haben Sie in der Zwischenzeit gearbeitet?

Wimmer: Mein Hauptmanko war das defensive Kopfballspiel, damit hatte ich immer wieder zu kämpfen. Ich bin im Training immer extra länger auf dem Platz geblieben, um mein Kopfballspiel zu verbessern. Das ist mir ganz gut gelungen, ich fühle mich da jetzt schon um einiges sicherer als in der letzten Saison. Auf dem Platz muss ich noch lauter werden. Obwohl ich ein junger Spieler bin, ist es wichtig, dass die Kommandos auch von mir kommen, das wird auf meiner Position erwartet. Ich arbeite daran,  mehr aus mir rauszukommen.

derStandard.at: In dieser Saison saßen Sie die ersten Spiele wieder nur auf der Bank. Hatten Sie Angst, dass Sie aus sportlichen Gründen Ihre Zelte in Köln abbrechen würden müssen?

Wimmer: Nach den ersten paar Spielen ist man natürlich nicht überglücklich, wenn man keine einzige Minute gespielt hat. Aber Trainer Peter Stöger hat mir immer wieder im Training gesagt, dass er sehr zufrieden mit mir ist und dass meine Chance kommen wird. Ich wusste natürlich: Wenn ich zum Einsatz komme, dann muss ich diese Chance nutzen.

derStandard.at: Als die Chance im Spiel gegen Energie Cottbus wegen eines Ausfalls endlich kam, hatten Sie zehn Monate nicht mehr für die erste Mannschaft gespielt. Ein Grund zur Nervosität?

Wimmer: Ich hatte noch nie Probleme damit, dass ich mir vor einem wichtigen Spiel etwas Schlechtes einrede oder nervös bin. Es gelingt mir immer ganz gut, mich mental gut darauf einzustellen. Vor dem Spiel denke ich daran, was ich alles kann und nicht was passiert, wenn ich einen Fehler mache. Ich vertraue dann einfach auf meine Stärken und bin mir ziemlich sicher, dass ich auch meine Leistung auf dem Platz umsetzen kann.

derStandard.at: Trotz einer guten Leistung mit zwei Torvorlagen saßen Sie beim folgenden Top-Spiel gegen Kaiserslautern zunächst wieder auf der Bank, ehe Stöger Sie nach 25 Minuten für einen verletzten Mitspieler einwechselte. Keine leichte Situation, oder?

Wimmer: Natürlich ist es nicht einfach, bei einem Spitzenspiel gegen Kaiserslautern unerwartet reinzukommen, da geht es um einiges. Aber ich glaube es gibt schlimmeres, als bei einem Heimspiel vor 50.000 Zuschauern eingewechselt zu werden. Natürlich war es schade für Bruno Nascimento (der verletzte Spieler, d. Red.), dass er sich verletzt hat, aber ich habe mich riesig gefreut, zum Einsatz zu kommen. Ich habe mich voll reingehauen, um den Trainer zu zeigen, dass ich meine Leistung aus dem Cottbus-Spiel Woche für Woche bringen kann.

derStandard.at: Nach diesem Spiel haben Sie keine Minute mehr verpasst, wurden vom Fachmagazin Kicker ausgezeichnet. Weshalb läuft es diese Saison so gut für Sie und den FC?

Wimmer: Wir haben uns von Spiel zu Spiel gesteigert und haben ein großes Potenzial in der Mannschaft, ein noch größeres im Vergleich zur Vorsaison. In der Mannschaft sind viele junge Spieler, die auf ihren Einsatz drängen. Die Konkurrenz innerhalb des Teams ist sehr hoch und wir sind auf fast allen Positionen doppelt bis dreifach besetzt. Im Training kann sich keiner zurücklehnen, sonst sitzt man auf der Bank. Das ist ein entscheidender Faktor. Die Auszeichnung vom Kicker war eine Bestätigung für mich, ich gebe mich damit aber auf jeden Fall nicht zufrieden, sondern sehe es als Ansporn.

derStandard.at: Wie groß ist der Faktor Stöger bei der Entwicklung der Mannschaft?

Wimmer: Man hat gleich beim ersten Training gesehen, dass er zu Verein und Mannschaft passt. Im Gegensatz zu vielen anderen Trainern behandelt er alle Spieler gleich, Stammspieler wie Ersatzspieler. Er zeigt allen, dass sie wichtig für die Mannschaft und den Erfolg sind, auch Nummer 12-33 im Kader. Er schafft es so, dass niemand resigniert und im Training kein Vollgas gibt.

derStandard.at: Wie geht er mit Rückschlägen um?

Wimmer: Nach Niederlagen lassen wir uns nicht aus der Ruhe bringen und zeigen, dass wir es besser können. Dabei spielt der Trainer eine entscheidende Rolle. Er bleibt immer sehr ruhig und bringt nach Niederlagen keine Hektik in die Mannschaft rein. Er vermittelt uns, dass noch nichts passiert ist, denn auch die anderen Mannschaften gewinnen nicht alles.

derStandard.at: Stöger arbeitet mit dem Soziologen Werner Zöchling zusammen. Welche Rolle nimmt er ein?

Wimmer: Er stößt manchmal zur Mannschaft. Vorwiegend in Einzelgesprächen versucht er, die einzelnen Spieler soweit zu bringen, dass sie an Ihre Stärken glauben und das auch im Spiel umsetzen können. Er tut der Mannschaft anscheinend ganz gut. Aber er ist kein Mentalcoach. Das ist alles ganz locker und man sieht an den Leistungen, dass wir keinen Mentalcoach nötig haben.

derStandard.at: Sie haben mehrmals betont, dass es bei Stöger keinen Österreicher-Bonus gibt. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?

Wimmer: Ich bin ihm natürlich sehr dankbar dafür, dass er mir die Chance gegeben hat. Ich verstehe mich sehr gut mit ihm und Co-Trainer Manfred Schmid. Das Trainerteam passt einfach gut zur Mannschaft, das Klima ist gut und wir haben im Training viel Spaß, auch wenn wir natürlich wissen, wann es ernst zugehen muss.

derStandard.at: Der Fußballstandort Köln war lange als "Stahlbad" verschrien. Ist der FC immer noch ein unruhiger Klub oder hat sich das geändert?

Wimmer: Innerhalb des Vereins ist es sehr ruhig. Alles läuft sehr gesittet und nach Plan ab. Die Medienlandschaft ist aber extremer als anderswo und vor allem schwierig mit Österreich zu vergleichen. Die Medien sind sehr präsent und warten nur auf schlechte Spiele wie letzte Woche gegen Paderborn (0:1-Niederlage, d. Red.). Es wird oft versucht, Unruhe reinzubringen. Wir als Mannschaft lassen uns von der präsenten Medienlandschaft in Köln aber sicherlich nicht beunruhigen.

derStandard.at: Wie leben Sie abseits des Fußballplatzes in Köln?

Wimmer: Privat brauche ich nicht den Rummel um mich herum. Ich schalte nach den Spielen gerne ein bisschen ab und würde mich auch als ruhigeren Typen abseits des Platzes bezeichnen. Ich fühle mich in dieser Stadt sehr wohl und habe einige Mannschaftskollegen, die auch in meinem Alter sind und aus einer anderen Stadt nach Köln gekommen sind. Es war von Anfang an kein Problem, mich hier einzufinden. Es ging leichter und schneller, als ich erwartet habe.

derStandard.at: Wie wichtig wäre für Ihre Entwicklung der Aufstieg mit dem FC, auch im Hinblick auf die Nationalmannschaft?

Wimmer: Es wäre ein Traum, aufzusteigen. Für mich und die ganze Mannschaft gäbe es nichts besseres, als nächste Saison in der Bundesliga zu spielen. In Sachen Nationalmannschaft mache ich mir überhaupt keinen Druck, aber es wäre natürlich nur von Vorteil, wenn ich mich nächste Saison in der ersten Liga beweisen könnte. Da wäre ich um einiges mehr im Blickfeld.

derStandard.at: In der Winterpause haben Sie bis 2019 bei Köln verlängert. Weshalb diese lange Laufzeit?

Wimmer: Vom Verein wurde mir immer wieder gesagt, dass sie auch in Zukunft auf mich bauen wollen. Das hat mir ein sehr positives Gefühl gegeben. Ich fühle mich beim Verein und in der Stadt sehr wohl, für mich persönlich passt hier alles perfekt. Es gibt keinen Grund, woanders hin zu wechseln. Mit der Vertragsverlängerung wollte ich auch ein Zeichen setzen, dass ich mich längerfristig an den Verein binden will. (Jörn Wenge, derStandard.at, 24.2.2014)