Man gönnt sich ja sonst nichts" ist auf einem Zunftwagen in Basel zu lesen. Und als protestantische Stadt verordnet man sich nicht einmal eine Fastenzeit nach der Fasnacht.

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Flug von Wien nach Basel oder nach Zürich und mit dem Zug weiter nach Luzern zum Beispiel mit Swiss. Basel und Luzern sind von Österreich aus bestens mit dem Zug erreichbar. Im Land: Das Swiss Travel System ist ein Zusammenschluss öffentlicher Transportunternehmungen. Populärstes Angebot ist der Swiss Pass, der für unterschiedliche Dauer freie Fahrt, 50 Prozent Ermäßigung auf den meisten Bergbahnen sowie kostenlosen Eintritt in 450 Museen beinhaltet. Die Tickets sind in Österreich bei allen ÖBB-Verkaufsstellen, über das Callcenter der ÖBB oder in Reisebüros erhältlich.

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Die Basler Fasnacht 2014 beginnt am Montag, dem 10. März, um vier Uhr früh und endet am Donnerstag, dem 13. März, ebenfalls um vier Uhr früh. Am Sonntag davor veranstaltet Basel Tourismus diverse kostenlose Stadtrundgänge zum Thema. In Luzern startet die Fasnacht 2014 am Donnerstag, dem 27. Februar, um fünf Uhr früh und dauert bis Dienstag, den 4. März. Höhepunkte sind der Fritschi-Umzug am Schmutzigen Donnerstag, der Wey-Umzug am Güdismontag und der Monstercorso am Güdisdienstag. Die ganze Region Vierwaldstättersee ist miteinbezogen. Basel Tourismus: www.basel.com, Luzern Tourismus: www.luzern.com

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Wer kein Narr ist, für den wird Basel wieder ab dem 14. März als inoffizielle Schweizer Kulturhauptstadt interessant. So ist hier und heuer die bisher größte Einzelausstellung von Konstantin Grcics zu sehen. Sie umfasst Entwürfe heutiger Designklassiker und ist zugleich ein eigenes, neues Designprojekt - im Vitra Design Museum von 22. 3. bis 14. 9. 2014. In Luzern: zum Beispiel das Fumetto, ein Festival für Comics und artverwandte Medien von 5. bis 13. April 2014. Es gehört zu den führenden in Europa. Infos und Reservierungen auch über Schweiz Tourismus unter www.myswitzerland.com oder Tel. 00800 100 200 30 (gratis)

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"Wer's nicht mag, muss gehen", sagt Sandra Marelli von Basel Tourismus. Das klingt nach harschen Worten aus der so wohlgeordneten, so disziplinierten Schweiz. Doch Marellis Warnung ist gut gemeint: Jedes Jahr einmal herrscht Ausnahmezustand in ihrer Stadt. Dann wird hier schauerlich geflötet und getrommelt, dann werden nur mehr Märsche gespielt, und dann gehen die Lichter aus in den Straßen. Für die Dauer von drei Tagen und drei Nächten hat die Fasnacht Basel völlig im Griff.

Die Schweizer Faschingsnarren sind aber - man hat sich's eh fast gedacht - im echten Leben ernst- und gewissenhafte Leute. Die Mitglieder der Schnurebegge etwa - das ist nur eine von rund einhundert Basler Fasnachtscliquen - bereiten sich monatelang systematisch auf die Umzüge vor. "Seit September proben wir, spätestens um Weihnachten müssen die Märsche sitzen - auch ohne Noten", sagt Pascal Reiniger, Obmann der Schnurebegge und im zivilen Leben Revisor bei einer Supermarktkette. Einmal pro Woche trifft sich die Clique in einer Schule der Innenstadt. Rund 30 Pikkoloflötisten proben in einem Klassenzimmer, gut 35 Tamboure in einem anderen, ehe sie zusammenkommen. Die Trommler haben zudem ihr eigenes, kaum zu entzifferndes Notensystem, das sie "Hieroglyphen" nennen. Und so ähnlich sehen die Zeichen auch aus.

Bei den Proben werden Zuhörern fairerweise noch Ohrenstöpsel angeboten, die viele zunächst unwissend ablehnen, aber sofort nach dem ersten Marsch einlegen. Denn was die Männer - nur Männer, denn Schnurebegge ist eine der letzten reinen Männercliquen - da im Takt des Kapellmeisters "Drummel und Pfyffe" entlocken, lässt um den Fortbestand des Gehörs bangen.

Und die Märsche, woher kommen die? "Einige gab's schon immer. Die meisten sind aber französische Militärmärsche, die früher zur Schlachtbegleitung gespielt wurden. Napoleon war ein Tambour-Freak", erklärt Pascal Reiniger. Aber wie kamen sie nach Basel? Das Elsass liege ja gleich vor der Haustür, zudem seien Schweizer Söldner über Jahrhunderte das wichtigste "Exportgut" gewesen. Aus den Armeen der französischen Könige hätten sie die Märsche mit nach Hause gebracht.

Protestantische Provokation

Die Basler Fasnacht ist die größte und bekannteste der Schweiz, dabei aber recht untypisch. "Wir sind so circa die einzige protestantische Stadt, in der die Fasnacht gefeiert wird. Als Protestanten erkennen wir die Fastenzeit ja nicht an", sagt Reiniger. Dafür enthält dieser Fasching eine ordentliche Provokation gegen die Katholiken, wird er doch am Montag, der auf den Aschermittwoch folgt, angesetzt - also bereits mitten in der Fastenzeit. Das datiert noch aus einer Zeit, als die hiesigen Protestanten und Katholiken nicht gut aufeinander zu sprechen waren.

1529 setzte sich die neue Konfession in Basel durch, der Bischof wurde - übrigens direkt im Anschluss an die Fasnacht - vertrieben. Lange Zeit hatte der Fasching hier antikatholische Züge, zudem berief man sich auf seine vorchristlich-heidnischen Wurzeln: Zum Winterausgang wurden immer schon Feste begangen, um Bedrohungen wie Kälte, Dunkelheit, Lebensmittelknappheit und Dämonen zu vertreiben.

Nunmehr wählen die Basler Cliquen ihre Masken in Reaktion aufs Tagesgeschehen, wozu sogar eine Sujetfindungskommission eingesetzt wird. Bei den Schnurebeggern war das letztjährige Leitmotiv der Ehec-Erreger, der in Gurken vermutet wurde. Das Motto für die Basler Fasnacht 2014, die heuer am 10. März beginnt, wird "Gäll, blyb suuber" - bleib sauber! - lauten. Obwohl die Sujetsucher eigentlich noch gar nicht wissen konnten, dass es mit Skandalen bei den Basler Verkehrsbetrieben und einer Honorar-Affäre im Kanton Basel-Landschaft sehr aktuelle Unsauberkeiten gibt.

Zum Morgestraich, dem Auftakt der Fasnacht um vier Uhr früh, werden alle Cliquen harmonisch auftreten. Oder halt so geordnet, wie Märsche das eben verlangen. Dann übernehmen die Guggenmusiker mit Trommeln und Pfeifen, verbeulten und verstimmten Tuben. Ihr Ziel ist größtmögliche Katzenmusik, während die Waggis Süßigkeiten verteilen. Die Waggis sind Parodien auf die elsässischen Bauernburschen, die früher als Tagelöhner in Basel arbeiteten und das gewissermaßen bis heute als Gemüsehändler tun. Dann gibt es da noch den Harlekin aus der Commedia dell'arte, den Bajass (Bajazzo), die Rokokofigur Dummpeter, die Alte Tante, den Narren Ueli und Fantasygestalten nach Lust und Laune.

In den Cliquenkellern werden unterdessen Ziibelewaije - Zwiebelkuchen - und Mehlsuppe aufgetischt, in den Gastwirtschaften Boshaftigkeiten. Die Bänkelsänger schimpfen über aktuelle Themen und manche Maskierte über Anwesende. "Man kann es denen, die man nicht leiden kann, einmal so richtig reinsagen - und das völlig unerkannt", sagt Pascal Reiniger, die restlichen 362 Tage des Jahres wohl eher die Gleichmut in Person.

Die "drey scheenschte Dääg" werden durchgefeiert, in den Nächten brennen keine Lichter, auch nicht in den Schaufenstern. Nur die Laternen auf den Köpfen der Umzügler leuchten in der tiefschwarzen Innenstadt. Bis am Donnerstag, um exakt vier Uhr in der Früh. Dann ist wieder Schluss.

Gleich darauf rückt die Müllabfuhr aus, um den dicken Teppich aus Konfetti zu beseitigen. Die Basler behaupten, die Erfinder der bunten Schnipsel zu sein oder zumindest am meisten davon zu verbrauchen. Letzteres werden bestimmt die Reinigungsequipen bestätigen können.

Einschlägiger Kalender

In Luzern hingegen, in der katholischen Innerschweiz, folgt der Fasching dem einschlägigen Kalender: Er hat einen Tag vor Aschermittwoch zu enden, mithin vierzig Tage vor dem Palmsonntag. Die vierzig Tage, die folgen, sind Fastenzeit, so wurde es vor langer Zeit, also bereits auf dem Konzil von Nicäa im Jahr 325, festgelegt. Damals jedoch noch ohne die viel wichtigere Schlussfolgerung, davor noch einmal kräftig auf den Putz zu hauen. Darauf nehmen auch die Namen der Fasnacht Bezug, vom Schmutzigen Donnerstag bis zum Güdisdienstag. Schmutz steht für Fett, Güdel für den Bauch. Es sind daher die Tage, an denen man sich mit fetten oder süßen Speisen den Wanst füllte, um Reserven anzulegen. Und ebenso lernte, was Alkoholmissbrauch bedeutet.

"In früherer Zeit haben die Leute das oft übertrieben", sagt Andreas Aspargans, Präsident des Luzerner Fasnachtskomitees, mit sichtlichem Missfallen. "Die Fasnacht wurde mit Söldnerparaden kombiniert, da floss viel Alkohol, und es ging recht derb zu." Immer wieder wurde der Fasching in Luzern deshalb sogar verboten. Das scheint jetzt, da sich ernst- und gewissenhafte Leute wie Aspargans um die Organisation kümmern, nicht mehr nötig. Nichtsdestoweniger bleibt Bruder Fritschi in seinem blau-weißen Kostüm bis heute der wichtigste Fasnächtler von Luzern: Es ist dies eine legendäre Figur des 15. Jahrhunderts, ein Lebemann und Frauenheld, vor allem aber ein trinkfester Söldner.

Merkmale der Zünftler

Für Vorbereitungen trifft sich Aspargans mit Robi Mathis, dem letztjährigen Meister der Luzerner Wey-Zunft, in deren Klublokal, einem früheren Pulverturm der Stadtmauer. Beide sind offensichtlich Männer vom Typ "Stützen der Gesellschaft", mit dunklem Anzug und Krawatte - aber auch mit Admiralshut à la Napoleon, einem Merkmal der Zünftler. Robi Mathis' Hut hat zudem einen roten Stern, der ihn als Zunftmeister ausweist, außerdem trägt er ein Zepter, einen großen Ring und eine prächtige Halskette, womit Macht, Freundschaft und Würde der Position symbolisiert sind.

Man sieht schon, der Job ist etwas für G'schaftler. Wobei - Robi Mathis sieht das genauso: "Wie es halt so ist in der Schweiz, wenn sich ein paar Leute treffen, gründen sie gleich einen Verein", erklärt er. So geschehen auch im Jahr 1925. "Das war eine wirtschaftlich schwierige Zeit. Der Fasnacht-Aufmarsch bestand gerade einmal aus einem Zunftwagen. Da sagten sich ein paar Handwerker ,Wir müssen etwas tun!' und gründeten die Wey-Zunft." Heute ist sie eine der wichtigsten der Luzerner Fasnacht, was man auch daran erkennen kann, dass sie am Güdismontag die Tagwache übernimmt.

Die jährliche Wahl zum ehrenamtlichen Zunftmeister scheint ebenso viel Bürde wie Ehre mit sich zu bringen: Rund 65.000 Euro muss er dafür lockermachen, gut einhundert Termine wahrzunehmen - der Umzug will wohlorganisiert sein, das Jahressujet muss festgelegt und jedes Zunftmitglied zum Proben oder Nähen eingeteilt werden. Ein Fulltimejob mit Einjahresfrist, ehe am Güdismontag um fünf Uhr morgens die erlösenden Worte zum Anfang des Endes seiner Amtszeit fallen: "Moorgestraich! Vorwärts, marsch!" (Harald Sager, DER STANDARD, Album, 22.2.2014)