Manchmal sind es die kleinen, scheinbar unbedeutenden Entscheidungen, die prägend für ein Leben sein können. In Julia Dujmovits' Fall war es die Entscheidung für die Gondel und gegen die Standseilbahn. Ihr Bruder hatte gesagt, lieber die Gondel nehmen, nachdem sich das Geschwisterpaar schon bei der Seilbahn angestellt hatte. Es war der 11. November 2000 in Kaprun. 155 Menschen kamen bei der Brandkatastrophe in der Gletscherseilbahn, in die Julia Dujmovits nicht eingestiegen war, ums Leben. Zahlreiche Freunde der damals 13-Jährigen aber fuhren in den Tod. "Ich vermisse sie noch immer", sagt Dujmovits, 26 Jahre alt, aus Gerersdorf-Sulz im Burgenland.
Es ist der 22. Februar 2014 in Sotschi. Um Julia Dujmovits' Hals baumelt die olympische Goldmedaille. In einer knappen Finalentscheidung des Snowboard-Parallelslaloms setzte sie sich gegen die Deutsche Anke Karstens durch. Jetzt ist sie die erste burgenländische Medaillengewinnerin bei Olympischen Winterspielen. Nach dem 11. November 2000 wollte sie zunächst nie wieder ein Snowboard sehen. "Aber dann dachte ich mir: Wenn ich weiterfahre, hole ich Gold für meine Freunde."
Dujmovits fuhr weiter. Tiefschläge, wenn auch nicht derart prägende, musste sie noch einstecken. Nach einer Serie schwerwiegender Verletzungen verpasste sie die Qualifikation für Olympia 2010 in Vancouver. "Es war eine brutal schwierige Zeit für mich." Wieder war der Gedanke da, das Snowboarden sein zu lassen. Dujmovits fuhr weiter, zu zwei Siegen im Weltcup und zwölf weiteren Podestplätzen, zu Riesentorlauf-Silber bei der WM in Stoneham 2013 und zu Olympia-Gold, am selben Tag, als der Niederösterreicher Benjamin Karl Bronze im gleichen Bewerb holte.
Die höchste Erhebung in Dujmovits' Heimatort ist 228 Meter hoch. Das Snowboarden entdeckte sie fünfjährig im Winterurlaub. Den Olympiasieg widmete sie ihren Freunden, die sich für die Standseilbahn entschieden hatten. (rie, APA - DER STANDARD, 24.2. 2014)