Krasnaja Poljana - Österreichs Skiverbands-Präsident Peter Schröcksnadel stellt nach dem Dopingfall von Johannes Dürr den Fortbestand des Langlauf-Sports im ÖSV infrage. "Wenn man mit den Langläufern nur Probleme hat, muss man überlegen, wie weit die noch gefördert werden", sagte Schröcksnadel bei einem Mediengespräch im Österreich-Haus. Zwischen 800.000 und 900.000 Euro hat der ÖSV zuletzt in den Langlauf gesteckt.
Dabei war sogar darüber diskutiert worden, künftig einen Teil der Tour de Ski in Österreich ablaufen zu lassen. "Ich habe das bisher immer abgelehnt, wir werden das mit der Fis noch einmal diskutieren." Ob sich der Fall Dürr nun auch negativ auf die Bewerbung von Seefeld um die Nordischen Weltmeisterschaften 2019 auswirken könnte? "Natürlich wollen wir Seefeld, natürlich wollen wir die Bewerbung positiv abschließen, und da muss man sehr sensibel mit dem Thema umgehen."
Schröcksnadel sieht den Dopingfall übrigens nicht in seinem Verband. "Es liegt nicht in meinem Verband, sondern in der österreichischen Olympia-Mannschaft. Das ist ein großer Unterschied, weil das ist ja während Olympia passiert. Eigenartigerweise passiert das bei Weltmeisterschaften oder im Weltcup nie, sondern immer bei Olympia, und das ist eine tragische Geschichte", sagte Schröcksnadel, der auch ÖOC-Vizepräsident ist. Er glaubt, dass dies deshalb so sei, weil es Olympia nur ein- oder zweimal im Leben eines Sportlers gibt. "Da ist offenbar die Bereitschaft zum Betrug größer. Ich bin natürlich sehr, sehr enttäuscht."
Freispruch für Turin
Er habe Dürr erst bei seiner Ankunft kennengelernt. "Wir haben 400 Athleten, da kennst du nicht jeden Einzelnen persönlich. Da habe ich ihm versprochen, ich komme zum 50er, und bin deswegen dageblieben, weil ich erwartet habe, der Herr Dürr startet da oben. Da wäre ich lieber heimgefahren", ärgerte sich der ÖSV-Boss. "Wenn man ihn anschaut, das hätte ich ihm nie zugetraut. Er ist aber der Betrüger, das tut mir leid, so ist es, und mit Betrügern können wir nichts anderes tun als ausschließen", präzisierte Schröcksnadel die Null-Toleranz-Politik.
Zumindest habe Dürr den Verstoß zugegeben, so habe man sich ein Dahinschleppen der Causa erspart. "Der Tatbestand ist da. Wir werden ihn sicher aus dem Verband ausschließen, weil wir uns das nicht leisten können, schon anderen Sportlern gegenüber nicht, die sauber sind, oder auch den Trainern gegenüber."
Mitgefühl zeigte Schröcksnadel mit dem Sportlichen Leiter, Markus Gandler." Für den Gandi ist das ganz, ganz schlimm. Der ist ein Ehrenmann, und der hätte sich das auch nie erwartet." Dürr werde sich bei den sehr strengen Anti-Doping-Gesetzen in Österreich eine Gerichtsverhandlung kaum ersparen können. "Er wird einen guten Rechtsanwalt brauchen."
Besonders ärgerlich ist für ihn auch, dass acht Jahre nach dem Skandal in Turin erst vergangene Woche das Urteil in zweiter Instanz bestätigt wurde und "wir alle freigesprochen wurden". "Und dann macht so ein Dummer wieder so einen Blödsinn." Schröcksnadel habe den Langlauf-Sport in den vergangenen Jahren relativ stark zurückgedreht, dann aber nicht zuletzt wegen Dürr oder auch Teresa Stadlober wieder Hoffnung geschöpft.
Diese neuerliche Enttäuschung lässt Schröcksnadel nun überlegen, den Langlauf überhaupt auszugliedern. Es gebe eben kein Plus ohne ein Minus, so Schröcksnadel nach dem samstäglichen Medaillenregen. "Wenn man halt Freude hat, wirst du auch die andere Seite mittragen müssen, so unschön es ist. Man kann nur schauen, dass man es in der Zukunft besser macht." (APA, 23.2.2014)