Geht es mit der Konjunktur nach unten und steigen die Arbeitslosenzahlen, wirbt die Politik intensiv für Unternehmensgründungen. Denn wer ein Unternehmen gründet, ist nicht in der Arbeitslosenstatistik und schafft vielleicht sogar selbst Arbeitsplätze. Und sind die Selbstständigen auch zufrieden?

Zwar ist gut belegt, dass sie eine höhere Arbeitszufriedenheit haben als Angestellte. Vor allem wegen der höheren Autonomie. Und obwohl sie mehr arbeiten und durchschnittlich weniger verdienen.

Doch die Forschung zeigt auch, dass hier eine differenziertere Sichtweise angebracht ist. Erstens hat Arbeitszufriedenheit verschiedene Facetten. Womit die Selbstständigen zufriedener sind, ist die Tätigkeit an sich, nicht aber die Arbeitsplatzsicherheit bzw. die Überlebenschancen der Firma. Zweitens heißt Arbeitszufriedenheit nicht automatisch Lebenszufriedenheit. Dass Selbstständige mit ihrem Leben insgesamt zufriedener seien als Angestellte, ist nicht belegt. Tatsächlich haben sogar jene EU-Länder mit der geringsten Lebenszufriedenheit die höchsten Selbstständigenquoten.

Was macht Unternehmer so glücklich?

Aus der Entrepreneurship-Forschung wissen wir, was darüber entscheidet, ob wir als Unternehmer wirklich happy werden. Da ist erstens das Gründungsmotiv. Sind Job-Frust oder Arbeitslosigkeit und damit finanzielle Nöte Beweggründe, oder zieht uns die Aussicht auf neue Chancen ins Unternehmertum? Aktuelle Studien belegen: Wer sich zwecks Chancenwahrnehmung freiwillig selbstständig macht, entwickelt nicht nur eine höhere Arbeitszufriedenheit als weniger freiwillige "Notwendigkeitsgründer", sondern auch eine höhere Lebenszufriedenheit. Zweitens: Hinter dem Gründungsmotiv steckt freilich noch viel mehr, nämlich individuelle Werthaltungen und die Persönlichkeit. Wer Unabhängigkeit als wichtiges Gut ansieht, wird in der Selbstständigkeit auch eher seine Erfüllung finden. Überhaupt ist es immens wichtig für die Zufriedenheit, dass Jobwünsche und Jobmerkmale zusammenpassen, und das gilt nicht nur für Selbstständige.

Drittens ist das Selbstbild für die Zufriedenheit von Selbstständigen entscheidend: Kann ich mich mit der Unternehmerrolle identifizieren? Bin ich davon überzeugt, dass ich die Herausforderungen des Unternehmertums bewältigen kann?

Viertens: Natürlich wirkt sich auch der Geschäftserfolg auf die Zufriedenheit aus. Und dafür braucht es besonders Zielorientierung, Geschick zum sozialen Netzwerken, emotionale Widerstandsfähigkeit und überdurchschnittlichen Antrieb.

Und fünftens: Wer sich zwischen seiner Firma und privaten Verpflichtungen hin- und hergerissen fühlt, den macht auch ein noch so erfüllender Job nicht zufrieden mit dem Leben.

Wollen wir unternehmerische Karrieren neu denken, müssen wir uns also vor Augen halten: Es geht um viel mehr als nur Erfolg durch fachliche Kompetenz und betriebswirtschaftliche Basics. Für die Zufriedenheit sind "weichere" Faktoren entscheidend - und da braucht es zu allererst eine kritische Prüfung der persönlichen Voraussetzungen. (Petra Eggenhofer-Rehart, DER STANDARD, 22./23.02.2014)