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Seinerzeit beim Hypo-Krisengipfel: Der damalige Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) traf 2009 mit Kärntnern und Bayern zusammen, der Bund stand für Verbindlichkeiten gerade.

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Günter Kreuzhuber: Die Justiz soll die Verantwortung klären.

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Die intensive Diskussion darüber, wer was wann zum größten Finanzdebakel der Zweiten Republik beigetragen hat, ist zweifellos sehr wichtig. Noch viel wichtiger erscheint mir jedoch, so schnell wie möglich über die weitere Vorgangsweise zu entscheiden, um den weiteren Schaden möglichst zu minimieren. Diese Vorgangsweise kann das endgültige Resultat um viele Milliarden Euro in die eine oder andere Richtung beeinflussen. Vor allem aber findet mit der Handhabung der Hypo-Affäre eine ganz wichtige Weichenstellung für die Wahrscheinlichkeit zukünftiger vergleichbarer finanzieller Katastrophen statt.

Die rasche Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über die Hypo- Alpe-Adria-Bank ist die bei weitem beste Lösung. Ein Insolvenzverfahren ist ein geordnetes, transparentes und erprobtes Verfahren. Es findet unter Aufsicht eines unabhängigen Richters statt, der einen fachlich kompetenten Masseverwalter einsetzt. Die Vermögenswerte der Gesellschaft werden bestmöglich verwertet, und weil die Käufer der Aktiva eine hohe Rechtssicherheit haben, sind die erzielbaren Preise tendenziell höher.

Bei einer Insolvenz würde die Bank wie jedes andere Unternehmen in Schieflage behandelt. Der Vorwurf der Bevorzugung von Banken durch die Politik wäre entschärft. Zudem würde aber auch die strafrechtlich relevante Verantwortung der handelnden Personen durch die unabhängige Justiz geklärt und dem gerechtfertigten Verlangen der Öffentlichkeit nach Aufarbeitung der Vergangenheit Rechnung getragen. Leider drängt sich der Verdacht auf, dass gerade das der Hauptgrund für den hinhaltenden Widerstand von Politik, Notenbank usw. gegen die Insolvenzlösung ist.

Sicherungsfonds

Der österreichische Hypobankensektor verfügt über eine Sicherungseinrichtung für den Fall einer Schieflage einer Hypobank. Eine Insolvenz würde es erlauben, darauf zurückzugreifen und damit die Kosten für die Republik zu reduzieren. Es würde auch das Schicksal der ausländischen Tochterbanken geklärt und so verhindert, dass der Steuerzahler weiterhin für deren Verluste aufkommen muss. Die jahrelange Unsicherheit für die tausenden Mitarbeiter über das Schicksal ihres Arbeitgebers wäre endlich zu Ende.

Bei einer Insolvenz würden zuerst die Eigenkapitalgeber ihr eingesetztes Geld verlieren, dann die Gläubiger nachrangiger Verbindlichkeiten, dann die Gläubiger sonstiger Verbindlichkeiten. Die Anmeldung ihrer Forderungen im Insolvenzverfahren schüfe endlich auch Klarheit über die Identität der Gläubiger. Gläubiger, die nicht ihre gesamte Forderung nach Verwertung der Aktiva der Bank zurückerhalten, werden sich an etwaige Haftungsgeber wie zum Beispiel das Land Kärnten wenden, um den Rest ersetzt zu erhalten.

Verbindlichkeiten, die zweifelhaft sind, wie zum Beispiel Forderungen des ehemaligen bayerischen Eigentümers, wird man genau auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Im nächsten Schritt muss dann das Bundesland Kärnten alles in seiner Macht Stehende tun, um seinen Verpflichtungen aus der Ausfallshaftung nachzukommen, zum Beispiel mithilfe seines "Zukunftsfonds".

Nur der Restbetrag sollte dann von der Republik beglichen werden, um die Insolvenz eines Bundeslandes mit sehr unsicherem Ausgang zu vermeiden. Am Ende des Tages würde der Steuerzahler sicher weit weniger zu zahlen haben als bei der Anstaltslösung.

Das Zulassen einer Insolvenz würde in der Zukunft zu einer verantwortungsvolleren Finanzpolitik der Bundesländer führen, was angesichts von deren furchtbaren und extrem kostspieligen Fehlleistungen in der Vergangenheit ein ganz wichtiger Aspekt wäre. Der wichtigste Grund für eine Insolvenz ist aber die Verhinderung von etwas, was die Engländer "moral hazard" nennen. Entscheidungsträger in Banken (und in der Politik) konnten bisher meist darauf vertrauen, dass sie nicht die Konsequenzen ihrer (Fehl-)Entscheidungen tragen mussten, weil der Staat im Ernstfall helfend einsprang. Dies führte dazu, dass viel zu hohe Risiken eingegangen wurden, was unser Finanzsystem an den Rand des Einsturzes gebracht hat.

Ein Teufelskreis

Dieser Teufelskreis muss dringend unterbrochen werden, und die Hypo Alpe Adria ist der perfekte Anlass dazu. Ein Vermeiden einer Insolvenz würde in der Zukunft wieder viel zu viele Entscheidungsträger dazu ermutigen, mit fremdem Geld viel zu hohe Risiken auf Kosten der Allgemeinheit einzugehen. Das kann niemand wollen.

Durch die hier skizzierte Vorgangsweise würden Kärnten und die Republik gemeinsam den durch Kärnten eingegangenen Verpflichtungen zur Gänze nachkommen, gleichzeitig aber ein kompetentes, budgetschonendes und entschlossenes Verhalten an den Tag legen. Die Sorge vor einer Beschädigung des Finanzplatzes Österreich durch eine Insolvenz ist daher unbegründet.

Diese Pleite muss wenigstens den einen Vorteil gehabt haben, dass die Steuerzahler endlich einmal in den Genuss eines der wichtigsten Prinzipien der Marktwirtschaft kommen: dass nämlich Profiteure und Leidtragende von wirtschaftlichen Entscheidungen ident sind. (Günter Kreuzhuber, DER STANDARD, 21.2.2014)