Internationale Forscher haben neuartige Metall-Organische Netzwerke entwickelt, die eine ähnlich große Ausdehnung bei Temperaturerhöhung aufweisen wie Flüssigkeiten, aber trotzdem Feststoffe sind. Derartige hochgeordnete Festkörper könnten zukünftig in der Wärmespeicherung und -übertragung wertvoll Dienste leisten.

Flüssigkeiten reagieren sensibel auf Wärme oder Kälte. Je nach Art der Temperaturänderung steigt oder fällt der gefärbte Alkoholfaden im Thermometer. Hundertmal weniger empfindlich sind dagegen feste Stoffe, Beton oder Stahl zum Beispiel. Dennoch kommt kein Bauwerk ohne Dehnungsfugen aus. Besonders ungewöhnlich verhält sich Wasser, denn es dehnt sich beim Gefrieren aus. Eis schwimmt, Seen frieren von der Oberfläche her zu, und bei 4 Grad Celsius hat Wasser seine größte Dichte.

Wissenschafter von der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Cambridge haben einen Trick angewandt, um die thermische Expansionsfähigkeit von sogenannten Metall-Organischen Netzwerken gezielt zu erhöhen. An den geordneten, organischen Baueinheiten des festen Rahmenwerkes wurden zusätzliche Molekülgruppen angebracht. Diese füllen die nanometer-großen Porenräume des Netzwerks teilweise aus.

Bis zu 20 Prozent mehr Volumen

Die Gruppen verhalten sie sich wie eine ungeordnete Flüssigkeit, aber sie können wegen der Bindung an die Porenwände den Raum nicht verlassen. So überträgt sich ihre Wärmebewegung auf das Netzwerk. Beim Erwärmen bläht sich das feste Material schlagartig um rund 20 Prozent auf. Jedoch bleibt seine kristalline Eigenschaft erhalten. Der Vorgang ist vollständig umkehrbar. Temperaturabhängige Röntgenbeugung und kalorimetrische Messungen ergaben extrem große thermische Expansionskoeffizienten, wie man sie bisher nur von Flüssigkeiten kannte, nicht aber von Feststoffen.

Die Art der Seitengruppen hat großen Einfluss auf den Effekt. So spielen Länge und chemischer Charakter die entscheidende Rolle. Durch die gezielte Synthese von "Festen Lösungen", die verschiedene Seitenketten in zufälliger Verteilung und beliebigen Verhältnissen im Netzwerk vereinen, können thermischen Eigenschaften der Materialien noch genauer kontrolliert werden. Die Erkenntnisse legen Grundlagen für Anwendungen in der Wärmespeicherung und -übertragung sowie der Sensorik.

Vielseitige MOFs

Metall-Organische Netzwerke (kurz MOFs, aus dem Englischen: Metal-Organic Frameworks) sind kristalline Festkörper mit einer dreidimensionalen Netzwerkstruktur. Sie sind aufgebaut aus Metallionen und verknüpfenden organischen Molekülen. Die Materialien zeichnen sich durch unvergleichlich hohe Porenvolumina und innere Oberflächen aus. Sie besitzen großes Potenzial für Anwendungen in der Brennstoffspeicherung, bei der Kohlenstoffdioxid-Abtrennung sowie bei der Katalyse. MOFs können flexibel sein und auf äußere Einflüsse mit strukturellen Änderungen reagieren. Bei Aufnahme von Gastmolekülen (z. B. Lösungsmittel oder Gase) "blähen" die flexiblen MOFs ihre Struktur auf; das erhöht das Speichervermögen. (red, derStandard.at, 22.2.2014)