Wien - Faserverbund-Materialien gelten aufgrund geringen Gewichts und hoher Festigkeit als Werkstoffe der Zukunft. Dabei gibt es allerdings ein Problem: Mit herkömmlichen Methoden sind sie schwierig und aufwendig zu bearbeiten. Wissenschafter der Technischen Unversität (TU) Wien arbeiten seit zwei Jahren mit Unternehmen an neuen Methoden und können nun auf erste Erfolge verweisen.

Ein entscheidender Grund dafür, dass sich Faserverbund-Materialien in der Fertigung von Massenprodukten noch nicht durchgesetzt haben, ist für Richard Zemann vom Institut für Fertigungstechnik und Hochleistungslasertechnik der TU Wien die schwierige Endbearbeitung der Werkstücke. Während Bearbeitungsverfahren wie Zerspanen, Bohren oder Fräsen bei Metallteilen kein Problem darstellt, schädigen solche Methoden das Faserverbundmaterial, das dann aufwendig per Hand nachbearbeitet werden muss.

Beschreibungsmodell der physikalischen Vorgänge

Die Wiener Forscher haben offenbar eine Nische gefunden: "Während man weltweit darüber nachdenkt, wie sich aus Karbonfasern am besten Werkstücke formen lassen, beschäftigen sich nur wenige Forschungsgruppen mit der Endbearbeitung", so Zemann. In dem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projekt "Fibrecut" sollen nun gemeinsam mit Unternehmen neue Methoden für die automatisierte Endbearbeitung von Faserverbundwerkstoffen entwickelt werden.

Die Wissenschafter erarbeiten derzeit ein theoretisches Modell, das die physikalischen Vorgänge beim Zerspanen von Faserwerkstoffen beschreibt. Ein solches Modell sei schon von metallischen Werkstoffen nicht einfach, keines davon funktioniere ohne zahlreiche Korrekturparameter. "Dabei ist ein metallischer Werkstoff homogen und isotrop, hat also überall und in jeder Belastungsrichtung die gleichen Eigenschaften", so Zemann. Ein Faserverbund bestehe dagegen aus Kunststoff und Fasern, sei also inhomogen und zudem anisotrop, weil er längs der Faser und quer zur Faser ganz andere Steifigkeits- und Festigkeitswerte aufweise.

Bisher existiere noch kein Computerprogramm, das alle Probleme in der Bearbeitung löse, es gebe aber bereits einige mathematische Gleichungen von wirtschaftlichem und industriellem Wert sind, so Zemann. So könne man etwa abschätzen, wie in einer bestimmten Situation das beste Ergebnis erzielt werden kann, etwa durch Anpassung der Drehzahl und Vorschubgeschwindigkeit eines Bohrers.

Konkrete Umsetzung

Die Forscher arbeiten zudem an Assistenzsystemen, etwa einem bereits patentierten Schwingtisch, auf dem das zu bearbeitende Bauteil in Schwingung versetzt wird. Durch die Schwingungen würden die Fasern leicht vorgespannt und der Schärprozess funktioniere besser. "Dadurch erhöhen sich die Standzeiten von Werkzeugen und der Ausschuss reduziert sich um teilweise 50 Prozent ", berichtet Zemann.

In den ersten beiden Jahren des Projekts habe man viele Grundlagen aufgearbeitet und getestet, so Zemann. "Die noch verbleibenden drei Projektjahre sollen uns so weit führen, dass wir konkrete Ideen und Produkte entwickeln können". So sollen etwa mit dem Tiroler Werkzeughersteller "TiroTool" neuartige Werkzeuge mit hohen Standzeiten entwickelt werden. Mit dem oberösterreichischen Faserverbund- und Leichtbauhersteller "Peak Technology" wollen die Forscher Konstruktions-Richtlinien entwickeln, wie der Bauteil von vorne herein so hergestellt werden kann, dass die anschließende Bearbeitung möglichst unaufwendig wird. (APA, 19.2.2014)