Nairobi - Eine kenianische Science-Fiction-Serie zeichnet das Bild einer anderen Welt: Europa ist am Ende und die Weißen wollen nach Afrika, um ihr Leben zu retten. Dort scheint die Sonne - aber die Komplikationen für die Migranten bleiben dieselben.

Die Erde im Jahr 2062: Über Europa hängen nach Vulkanausbrüchen schwarze Aschewolken, die die Sonne verdunkeln. Die Menschen leben in einer kalten Welt, in der es keine Hoffnung mehr gibt. "Europa ist tot, hier gibt es nichts mehr", erklärt Ulysse seiner schwangeren Freundin Ophelia. "Afrika ist der einzige Ort, an den wir fliehen können, um uns etwas aufzubauen." So beginnt die kenianische TV-Serie "Usoni", deren Pilot-Episode im vergangenen Monat in Nairobi ausgestrahlt wurde.

Umgedrehte Welt

Usoni ist das suahelische Wort für "Zukunft". Aber es handelt sich um eine etwas andere, futuristische Vision, das überraschende Bild einer umgedrehten Welt, in der Menschen aus dem einst reichen Norden aus Verzweiflung und purem Überlebenswillen in den Süden fliehen.

Die Immigrationsmuster haben sich um 180 Grad verkehrt - während die Probleme der Betroffenen die gleichen bleiben. "Der Film handelt nicht davon, dass Europa einer Katastrophe anheimfällt, die das Leben dort unmöglich macht", sagt der französische Filmemacher Marc Rigaudis, der die Idee zu der Serie hatte. "Ich wollte hingegen aufdecken, was jetzt gerade bereits passiert."

Der Filmprofessor, dessen Firma Rigaudis416 die Serie auch produziert hat, arbeitet derzeit an der United States International University (USIU) in Nairobi. Als Hauptdarsteller wählte er den Berliner USIU-Studenten Felix Vollmann, Ophelia wird von der Deutsch-Kenianerin Karungari Kahende gespielt.

Menschenhändler, seeuntaugliche Boote

"Dass ich in Berlin aufgewachsen bin, hat sicherlich mein Bild von Einwanderern geprägt", erklärt Vollmann. "Meine Freunde waren aus dem Iran, aus Ghana, Griechenland, Albanien oder der Türkei. Meine Großmutter war selbst aus Polen geflohen." Er kennt die zahlreichen Probleme der Immigranten, ebenso wie Rigaudis. "Ja, es gibt viele Hindernisse, aber auch gute Menschen, die den Flüchtlingen Ulysse und Ophelia bei ihrer Reise helfen."

Diese geht in Lampedusa los - jener süditalienischen Insel, vor deren Küste sich immer wieder tragische Flüchtlingsdramen ereignen und erst im Oktober vergangenen Jahres über 360 Menschen ertrunken sind. Die Afrikaner hatten versucht, das Mittelmeer nach Europa zu überqueren. 50 Jahre später schifft sich nun genau hier ein Paar in Richtung Afrika ein. Sie bekommen es mit grausamen Menschenhändlern zu tun, mit komplizierten Visa-Vorschriften und seeuntauglichen, leckenden Booten.

Jedoch soll sich der größte Teil der Low-Budget-Produktion damit befassen, wie es Ulysse und Ophelia ergeht, als sie in Afrika ankommen. Ständig müssen sie sich vor den Immigrationsbehörden in Sicherheit bringen und gleichzeitig mit einer dauernden Diskriminierung seitens ihrer afrikanischen Gastgeber zurechtkommen.

Verhandlungen

"Der traumatischste Moment für Flüchtlinge ist sicher die Seereise, auf der oft Mitreisende ums Leben kommen", betont Rigaudis. "Aber ich möchte den Zuschauern zeigen, dass die Schwierigkeiten, mit denen Migranten zu kämpfen haben, damit nicht zu Ende sind."

Der Filmemacher ist derzeit in Verhandlungen mit einem kenianischen TV-Sender, um eine ganze Staffel zu drehen. Er hofft jedoch, dass auch Europäer die Chance bekommen, "Usoni" zu schauen. "Ich halte Europa schließlich den Spiegel vor." Rigaudis hofft, dass sich dadurch etwas in den Köpfen der Menschen bewegt - und sie Einwanderern künftig mit mehr Mitgefühl und Verständnis begegnen. (Jason Patinkin, Carola Frentzen, dpa, 19.2.2014)