Ohne intensive körperliche Aktivität oder hohe Außentemperaturen verliert ein Erwachsener etwa hundert bis zweihundert Milliliter Schweiß am Tag. Das klare Sekret besteht aus Wasser und Salzen. Frischer Schweiß ist geruchlos. Erst durch Bakterien, die von außen hinzukommen, wird er von langkettigen Fettsäuren zu kürzeren Ketten wie Butter- oder Ameisensäure zersetzt. Dadurch kommt es zum typischen Schweißgeruch.
Vor dem Schweißgeruch anderer Menschen kann einen entweder ekeln, er kann aber auch anziehende Wirkung ausüben. "Wir nehmen Geruchsstoffe auf, die uns gar nicht bewusst sind", sagt Daisy Kopera, Dermatologin und Leiterin des Zentrums für Ästhetische Medizin an der Universitätsklinik für Dermatologie am LKH Klinikum Graz. "Dabei handelt es sich um Pheromone, welche die zwischenmenschliche Chemie ausmachen. Wenn diese stimmt, dann passen die Gerüche, wenn sie nicht stimmt, können wir jemanden nicht riechen", sagt die Dermatologin.
Thermoregulation und Flüssigkeitsverlust
Vier Millionen Schweißdrüsen finden sich auf der eineinhalb bis zweieinhalb Quadratmeter großen Hautoberfläche eines Menschen. Durch die Verdunstung der Flüssigkeit wird überschüssige Wärme abgegeben und dadurch die Körpertemperatur auf etwa 37 Grad konstant gehalten. Abseits der thermoregulatorischen Schweißproduktion können Menschen auch vor Stress schwitzen. Diese unbewusste Reaktion auf bestimmte Situationen ist meistens unkontrollierbar und tritt schlagartig auf.
Bei sportlicher Belastung und Hitze produziert der Organismus ein bis zwei Liter Schweiß pro Stunde. Bereits der Verlust von einem Zehntel des Körperwassers kann einen tödlichen Kollaps verursachen. Diesen Flüssigkeitsverlust ausschließlich in Form von Wasser wieder wettzumachen, ist keine gute Idee.
"Die Menge macht das Gift", sagt Kopera. "Alles kann schaden, auch Wasser, sofern es ausschließlich getrunken wird. Wenn Salze verloren gehen und man dem System nichts nachliefert, wird das dem System nicht gut tun." Die Dermatologin empfiehlt, die Elektrolyte am besten in Form isotonischer Getränke - wie Kräutertee mit etwas Zitronensaft und Salz, oder verdünntes Bier - zuzuführen.
Wenn Schwitzen zur Krankheit wird
"Schwitzen ist eigentlich etwas Normales", sagt Daisy Kopera, doch etwa ein bis drei Prozent der Bevölkerung sind von krankhaftem Schwitzen betroffen. Diese übermäßige Absonderung von Schweiß wird als sekundäre Hyperhidrose bezeichnet. Sie kann auf bestimmte Regionen, wie Achselhöhlen, Hand- und Fußsohlen, beschränkt sein, aber auch am ganzen Körper auftreten.
Die Ursachen dafür liegen oft in Erkrankungen wie Schilddrüsenüberfunktion, hormonelle Störungen, neurologische oder psychische Erkrankungen. Auch bestimmte Medikamente und seltene Tumore können zu sekundärer Hyperhidrose führen. Die Therapiemaßnahmen bestehen hier in der Behandlung der Grunderkrankung.
Riecht der Schweiß im Laufe seiner Zersetzung durch die Bakterien besonders unangenehm, kann die Diagnose Bromhydrose lauten. Diese seltene Erkrankung lässt sich laut Kopera mit Chlorophylltabletten und Aluminiumchlorid gut therapieren.
"Viele Menschen leiden aber unter übermäßigem Schwitzen, das eigentlich keines ist, da es mit einer gestörten Körperwahrnehmung zusammen hängt", sagt Kopera. Die Betroffen haben den Eindruck, bei jeder geringsten Aufregung übermäßig zu schwitzen. "Da wird viel überzogen", sieht die Expertin diese Form der Selbstwahrnehmung eher im Bereich der Psychosomatik angesiedelt.
Äußerliche und systemische Therapiemaßnahmen
Als ersten und oft ausreichenden Schritt zur Therapie von Hyperhidrose, Bromhydrose aber auch eingebildetem Schwitzen empfiehlt Kopera eine lokale Behandlung mit Aluminiumchlorid-haltigen Deodorantien. Aluminiumchlorid ist hygroskopisch und stringierend, es verengt die Schweißdrüsenausführungsgänge und vermindert damit das Schwitzen.
Deostifte mit Aluminiumchlorid in höherer Konzentration sind in Apotheken erhältlich, laut Kopera allerdings nicht für jeden verträglich, da es zu Hautirritationen kommen kann. Immer wieder kursierende Meldungen über ein erhöhtes Krebsrisiko durch Aluminiumchlorid sind für die Dermatologin "reißerische Berichte, die sich nicht belegen lassen."
Zusätzlich zu den speziellen Deos verordnet Kopera ihren Patienten systemische Desodorantien zur oralen Einnahme. Dazu zählen Minze- und Chlorophylltabletten, Ingwer und Salbeitee.
Iontophorese, Injektionen und chirurgische Eingriffe
Lokale Abhilfe schaffen lässt sich laut Kopera auch durch Iontophorese. Dabei wird Gleichstrom durch ein Wasserbecken geschickt, die Schweißdrüsen werden gehemmt und es kommt nachhaltig zu vermindertem Schwitzen. "Wenn man das einmal wöchentlich wiederholt, kann man vor allem bei übermäßigem Fuß- und Handschweiß sehr gute Effekte erzielen", so die Expertin.
Zu invasiven Methoden, wie der chirurgischen Absaugung von Schweißdrüsen oder der Ausschaltung des sympathischen Nervensystems, rät die Dermatologin mit Vorsicht. Ebenso zur lokalen Behandlung mit Botulinum-Toxin. Der Wirkstoff wird gezielt in Handflächen, Fußsohlen oder Achselhöhlen injiziert. "Das wirkt ein bis zwei Jahre lang sehr gut, ist aber relativ teuer", sagt Kopera. Zwischen 700 bis 1.000 Euro bewegen sich die Kosten, die von den Kassen nicht übernommen werden.
"Bevor man chirurgisch vorgeht oder mit Botulinum-Toxin arbeitet, sollte man die Kombination von Chlorophyll- oder Pfefferminztabletten innerlich und Aluminiumchlorid äußerlich ausprobieren", sagt Kopera. "Das kann oft zu einem Status führen, mit dem man gut leben kann." (Eva Tinsobin, derStandard.at, 19.2.2014)