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Foto: APA/ Großruck Bernhard
Innsbruck - Ausgerechnet zum 75. Geburtstag der Innsbrucker Nordkettenbahn wollen Bürgermeisterin Hilde Zach und der Tourismusverband nach jahrelanger Diskussion eine zentrumsnahe Anbindung der Seilbahn endgültig durchsetzen. Favorit ist momentan ein Standort beim Kongresshaus am Rande der Altstadt. Konkrete Pläne über die Trasse liegen nicht vor, gesucht wird ein privater Investor. Es ist auch völlig offen, was mit den beiden Seilbahnsektionen Hungerburg-Seegrube und weiter auf das Hafelekar im Jubiläumsjahr passieren soll: Abriss und Neubau oder Revitalisierung.

Das zum 75. Geburtstag der Bahn erschienene Buch "stadtflucht 10m/sec" belegt, dass die Diskussion um den Ausgangspunkt der Nordkettenbahn nicht neu ist. Bereits 1926 war eine Variante im Gespräch, die vom Löwenhaus (unweit des Stadtzentrums) direkt auf die Seegrube führen hätte sollen. Nicht zuletzt aus Kostengründen entschied man sich damals dafür, die Seilbahn erst ab dem Stadtteil Hungerburg zu führen, der seit 1906 mit einer Standseilbahn erschlossen ist, die jedoch - aus heutiger Sicht - für Gäste, die nur wenige Stunden in Innsbruck verbringen, einen zu abgelegen Ausgangspunkt hat.

Weniger Fahrgäste

Die im Jubiläumsbuch abgedruckte Beförderungsstatistik scheint diese Sichtweise zu bestätigen. Beförderte die Bahn in den 50er- und 60er-Jahren 600.000 bis 900.000 Fahrgäste (im Rekordjahr 1962 sogar 1,1 Mio.), so ging diese Zahl seither kontinuierlich auf unter 400.000 zurück.

Ein umfangreicher Beitrag von Bettina Schlorhaufer ist der Bau- und Architekturgeschichte der Hochbauten der Nordkettenbahn gewidmet. 1927 hatten sich mit Franz Baumann, Lois Welzenbacher, Clemens Holzmeister und Siegfried Mazagg die vier Hauptvertreter der klassischen Moderne in Tirol am Wettbewerb um die drei Seilbahnstationen auf der Hungerburg, der Seegrube und am Hafelekar beteiligt, wobei die Aufgabe für die Mittelstation auf 1900 Meter Seehöhe mit der Errichtung eines Hotels verbunden war.

Baumann ging aus diesem Wettbewerb als Sieger hervor, der allerdings einige Kompromisse eingehen musste, etwa mit dem Verzicht auf zwei getrennte Gebäude für Seilbahnstation und Hotel auf der Seegrube. Zahlreiche Abbildungen von Skizzen, Modellfotos und Aquarellen (auch von den unterlegenen Projekten) vermitteln, welche Überlegungen diese frühen und bis heute exemplarischen Tourismusbauten im Hochgebirge begleitet haben.

Baumann ist dabei der Prämisse "In den Bergen baut der Blick" gefolgt, von Schlorhaufer dahingehend interpretiert, "dass sich die Architektur in den Alpen immer an der Wahrnehmung von Landschaft orientiert". Baumann hat für die Innsbrucker Nordkette nicht nur die Hochbauten entworfen, sondern auch die zum Teil bis heute erhaltenen Möbel, Wandlampen und eine für Hinweise eigens entwickelte Schrift.

Das Buch beeindruckt mit einer Vielzahl historischer Fotos und widmet sich in Beiträgen unter anderem dem Wandel in der Nutzung der Nordkette als Sportplatz, als Schauplatz für die Inszenierung bildender Kunst und der Rolle des Hafelekars bei den mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Forschungen Viktor Franz Hess' über die kosmische Strahlung. (Hannes Schlosser/DER STANDARD, Printausgabe, 16./17.8.2003)